In der Debatte um schnellere Rückführungen von Asylsuchenden aus Deutschland in sogenannte Drittstaaten hat die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl das neu beschlossene Grundsatzprogramm der CDU scharf kritisiert. „Die Vorschläge, die nun auch in Deutschland von der CDU kommen, sind nichts anderes als neokoloniale Politik. Frei nach dem Motto: Wir lagern alle Verantwortung für Schutzsuchende aus“, sagte der Geschäftsführer Karl Kopp den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Freitag).
Asylverfahren in Drittstaaten in Afrika auszulagern unterhöhle das deutsche und europäische Asylrecht, erklärte Kopp. „Werden Menschen nach Ruanda geschickt, so wie es Großbritannien nun plant, kann niemand mehr die Einhaltung von rechtsstaatlichen Verfahren gewähren.“ Die Menschenrechtslage in Ruanda sei fragil. „Es sind Menschenrechtsverletzungen, Kettenabschiebungen zu befürchten, auch Gewalt gegen Geflüchtete.“
Gerichte in Deutschland hätten in der Vergangenheit Abschiebungen etwa nach Griechenland abgelehnt, weil dort nach Ansicht der Richter Standards der Menschenwürde nicht eingehalten werden. „Und nun reden wir über Abschiebungen nach Ruanda – das ist der Ausstieg aus dem Flüchtlingsschutz“, sagte Kopp den Funke-Zeitungen.
Im jüngst beschlossenen neuen CDU-Grundsatzprogramm fordert die Partei unter anderem einen radikalen Systemwechsel in der Asylpolitik. Dabei setzt sie auf das Konzept der sogenannten sicheren Drittstaaten, wie es die konservative Regierung in Großbritannien durchsetzen will. Das britische Unterhaus hatte am Donnerstag das umstrittene Gesetz zur Abschiebung von Migranten nach Ruanda gebilligt. Der Entwurf sieht vor, Schutzsuchende ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda abzuschieben, damit sie dort Asyl beantragen. Ein Abkommen hatte die britische Regierung 2022 mit dem afrikanischen Staat unterzeichnet.