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Migrationsdebatte: Fehrs ruft zu Besonnenheit und Verständigung auf

Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat zu mehr Besonnenheit und Verständigung in der aktuellen politischen Debatte um Flucht und Migration aufgerufen. In einer Demokratie sei es notwendig, unterschiedliche Positionen kontrovers zu diskutieren, um zu Lösungen zu kommen, dabei müsse aber die Menschlichkeit im Mittelpunkt bleiben, erklärte Fehrs nach einem Besuch der Flüchtlingsinitiative „Hoffnungsgrund“ in Sandesneben (Kreis Herzogtum Lauenburg), wie am Sonnabend die EKD in Hannover und die evangelische Nordkirche in Hamburg mitteilten. In der Initiative kümmern sich Ehrenamtliche gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Kirche, Kommune und Schule aus 25 Gemeinden um Hilfsangebote für Geflüchtete.

„In unseren Gesprächen mit Geflüchteten erfahren wir, wie sehr die derzeitige Debatte über Abschottung und Abschiebung Menschen, die bei uns leben, persönlich kränkt und verletzt“, sagte die Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck und amtierende EKD-Ratsvorsitzende. Nach den Terrorangriffen von Solingen und Mannheim beobachte sie eine zunehmende Polarisierung. „Solche Verbrechen sind entsetzlich und müssen unbedingt verhindert werden. Es kann aber nicht sein, dass die Folie dschihadistischer Fanatiker auf alle gelegt werde, die bei uns Schutz suchen“, erklärte Fehrs.

In Solingen hatte ein Attentäter am 23. August beim „Fest der Vielfalt“ drei Menschen erstochen.
Mutmaßlicher Täter ist ein inhaftierter 26-jähriger Syrer. In Mannheim hatte ein 25-jähriger Afghane am 31. Mai auf dem Marktplatz mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen. Ein 29-jähriger Polizist, der eingreifen wollte, erlitt Stiche im Kopfbereich und starb zwei Tage später an den Verletzungen.

Laut Fehrs werden Menschen allzu leicht einfach in Schubladen gesteckt. „Schubladen macht man zu und dann bleibt es dunkel. Ich möchte, dass wir hinschauen. Auch auf die Probleme, vor allem aber auf die Chancen, die wir gemeinsam in unserem Land haben“, erklärte sie. „Wir haben so viel zu teilen. Zu geben und zu nehmen.“

Den Verein „Hoffnungsgrund“ würdigte Fehrs als einen „im besten Sinne gelungenen Hoffnungs- und Verständigungsort“. Um Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Überzeugungen miteinander ins Gespräch zu bringen, haben Diakonie und EKD die Dialog-Initiative #Verständigungsorte ins Leben gerufen.

Fehrs bekräftigte bei ihrem Besuch auch noch einmal die Haltung der Kirchen zum Kirchenasyl. „Diese Jahrhunderte alte Tradition erinnert uns daran, barmherzig zu sein, mitmenschlich zu handeln, gefährdete, bedrohte, schwache Menschen zu schützen. Deshalb gewähren unsere Gemeinden in Härtefällen das Kirchenasyl – immer aus guten Gründen und nach sorgfältiger Prüfung. Davon werden wir nicht lassen.“

In Hamburg war ein 29-jähriger Afghane am Montag (30. September) aus einem Kirchenasyl nach Schweden abgeschoben worden. Die katholische Pfarrei Heilige Elisabeth in der Gemeinde St. Christophorus (Hamburg-Lohbrügge) hatte dem schwer erkrankten Mann das Kirchenasyl aus humanitären Gründen gewährt.