Kinderarbeit, Ausbeutung, Umweltschäden: All dem soll die europäische Lieferkettenrichtlinie bei Geschäften europäischer Unternehmen im Ausland ein Ende setzen. Doch nach einer Blockade der FDP stand das Vorhaben auf den letzten Metern vor dem Scheitern. Am Freitag dann gelang im Rat der EU-Staaten der Durchbruch. Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung. Ein Überblick:
Die Richtlinie soll dafür sorgen, dass europäische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten im Ausland sicherstellen. So soll etwa verhindert werden, dass es bei Auslandsgeschäften zu Kinderarbeit kommt oder bei der Produktion die Umwelt zerstört wird.
Das deutsche Regelwerk gilt für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden. Im ursprünglichen Entwurf für das EU-Lieferkettengesetz sollten die neuen Regeln bereits für Unternehmen ab 500 Beschäftigten mit einem globalen Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro im Jahr gelten. Der neue Entwurf gilt nun für Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten. Die jährliche Umsatzschwelle liegt bei 450 Millionen Euro. Auch die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Haftung ist abgeschwächt worden.
Zu umständlich, nicht praxistauglich und viele Risiken für Unternehmen: So lassen sich die Argumente der Liberalen zusammenfassen. In einem Schreiben an Wirtschaftsverbände von Anfang Februar kritisierten Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann (beide FDP) etwa die vorgesehene zivilrechtliche Haftungsregelung. Dies bedeute eine „stärkere Belastung im Vergleich zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“.
Nicht gut. Denn EU-Mitgliedsstaaten, EU-Parlament und Kommission hatten sich bereits im Dezember auf das Gesetz geeinigt. Das abschließende Votum in Rat und Parlament ist danach eigentlich nur noch Formsache. Die FDP habe nicht nur Deutschland zu einer Enthaltung gezwungen, sondern auch auf andere Länder Druck ausgeübt, kritisierte etwa die Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Anna Cavazzini (Grüne).
Hinzu kommt: Es ist nicht der erste Kurswechsel der Liberalen. Bei der Entscheidung über das Verbrenner-Aus hat sich die FDP ähnlich verhalten. Experten fürchten, der europäische Gesetzgebungsprozess könnte Schaden nehmen, weil sich andere Länder ein Vorbild daran nehmen.
Große Verbände wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sind dagegen. Die EU-Richtlinie sei „weder praxistauglich noch verhältnismäßig“, sagte etwa der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.
Es gibt jedoch auch Unternehmen, die für das Regelwerk sind. Ein Bündnis mehrerer Unternehmen, darunter Aldi Süd und der Textil-Discounter Kik warnten zuletzt vor einem Scheitern des Vorhabens. Sie befürchten auch, dass dadurch Wettbewerbsnachteile für sie entstünden, weil es in Deutschland bereits ein Lieferkettengesetz gibt.