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Mahnungen zum Holocaustgedenken: Demokratische Werte verteidigen

Zum 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am Montag haben Vertreterinnen und Vertreter von Kirche, Politik und Wohlfahrtsverbänden in Niedersachsen zum Einsatz für eine vielfältige Gesellschaft aufgerufen. Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) betonte in einer Mitteilung vom Freitag, Demokraten müssten „entschlossen für ihre Werte und gegen Antisemitismus und Rassismus eintreten. Menschenwürde ist nicht verhandelbar!“

Die Gefahr, Gedenktage zu ritualisieren, sei groß, sagte die Ministerin: „Dem muss jeder Einzelne von uns als Teil der Gesellschaft mit aller Kraft entgegenwirken und zeigen: Nie wieder ist jetzt!“ Auch 80 Jahre nach dem Holocaust, in einer Zeit, in der es immer weniger Zeitzeugen gebe, dürfe das Geschehene nicht vergessen werden.

Der niedersächsische Diakonie-Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke sagte: „Wir dürfen nicht vergessen, wie der Holocaust begann – mit Ausgrenzung, Hetze und Hass. Das sehen wir auch heute wieder.“ Es sei nötig, sich klar für Mitmenschlichkeit und Respekt vor anderen Menschen auszusprechen und deutlich zu machen, dass Vielfalt das demokratische Zusammenleben ausmache, betonte Lenke. „Dabei spielt das Geschlecht, die Herkunft oder das Alter keine Rolle, sondern das Menschsein.“

Die evangelisch-reformierte Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden zeigte sich besorgt. „Rechtes Gedankengut ist wieder salonfähig in Deutschland“, warnte sie am Freitag in Leer. Der Gedenktag führte auch vor Augen, wie sich rechte Gedanken in der deutschen Bevölkerung breit gemacht hätten und dies heute wieder täten. „Die Gefahr lauert oft in der scheinbaren Harmlosigkeit, wo man so gern und so leicht weghört“, mahnte Bei der Wieden. Die Verteidigung der Demokratie sei eine Aufgabe für alle: „In der Kneipe, am Gartenzaun, auf dem Sportplatz und in der Kirche!“

Die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen, Kerstin Tack, kritisierte, antisemitische Verschwörungsmythen und Hassbotschaften seien besonders in sozialen Netzwerken weiterhin verbreitet. Seit den Angriffen der Hamas auf Israel und dem darauffolgenden Gaza-Konflikt sei ein deutlicher Anstieg antisemitischer Übergriffe zu verzeichnen. Erschreckend seien auch die Ergebnisse einer Studie, laut der in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen etwa jede oder jeder zehnte Deutsche den Begriff Holocaust nicht kenne.

Tack rief zur Beteiligung an Gedenkveranstaltungen und Mahnwachen anlässlich des Gedenktages auf: „Setzen Sie ein klares Zeichen gegen Intoleranz und Gewalt, für Solidarität, Demokratie und ein friedliches Miteinander.“ Bei der bevorstehenden Bundestagswahl gehe es nicht nur um politische Mehrheiten, sondern um einen „entscheidenden Moment für den Schutz unserer demokratischen Grundordnung“.

Der 27. Januar ist seit 2005 internationaler Holocaust-Gedenktag. Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Truppen das NS-Vernichtungslager Auschwitz.