Lesen hilft, Unterschiede zu verstehen und Gegensätze zu überwinden. Davon ist Bundeskanzler Olaf Scholz überzeugt. Beim Festakt im Gewandhaus beschrieb er die Bedeutung von Literatur in politischen Umbruchsituationen.
Die Leipziger Buchmesse ist am Mittwochabend mit einem Festakt im Gewandhaus eröffnet worden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verwies in seiner Rede darauf, dass es Literatur ermögliche, Gegensätze zu überwinden, die im Alltag manchmal unüberbrückbar schienen. “Lesen ist deswegen der tägliche Beweis, dass wir uns trotz unserer Unterschiede verstehen können, dass unsere Gesellschaften, in Deutschland, in Europa, mitnichten dazu verdammt sind, auseinander zu driften”, so Scholz.
“Folgen wir denen nicht, die uns spalten wollen, die ganzen Gruppen in diesem Land die Zugehörigkeit zu unserer Gesellschaft absprechen wollen”, mahnte der Kanzler. “Glauben wir niemals denen, deren Antworten am Ende auf Intoleranz, Ausgrenzung und Hass hinauslaufen.” Er rief dazu auf, stattdessen an das Verbindende zu glauben: “Es verbirgt sich auch zwischen den Buchdeckeln hier in Leipzig – in all seinen Facetten.” Seine Rede wurde teilweise von Störrufen begleitet. Scholz konterte unter Applaus: “Uns führt hier in Leipzig die Macht des Wortes zusammen, nicht des Geschreis.”
Literatur könne in tiefgreifenden Umbruchsituationen Orientierung geben. Zugleich zeigte der Kanzler Verständnis dafür, dass sich manche im Angesicht von Terror und Gewalt fragten: “Was nutzt die Macht des Wortes gegen die schreckliche Tat?” Scholz hob hervor: “Und doch können Worte Trost geben und Halt. Worte können uns mit anderen verbinden und Kraft geben.” Keine Gesellschaft komme ohne Worte aus.
Scholz würdigte auch die diesjährigen Gastländer der Buchmesse: die Niederlande und Flandern. “Mit ihrem gemeinsamen Auftritt in diesem Europawahljahr stehen Sie für das, was uns im vereinigten Europa ausmacht. Wir haben uns gemeinsam entschieden, die Brüche der Vergangenheit zu überwinden. Wir haben uns entschieden, das Gemeinsame zu sehen, ohne unsere Traditionen preiszugeben und ohne die Geschichte zu vergessen”, sagte der Kanzler. Auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte und der Ministerpräsident von Flandern, Jan Jambon, nahmen an der Eröffnung teil.
Der Frühjahrestreff der Buchbranche öffnet ab Donnerstag seine Tore für das Publikum. Zusammen mit dem das Festival “Leipzig liest” sind rund 2.800 Veranstaltungen geplant. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sein Kommen für Donnerstag zugesagt und will nach einem Rundgang mit den Autoren Ingo Schulze und Anne Rabe über den Zustand der Demokratie diskutieren. Bis Sonntag erwarten die Veranstalter über 274.000 Besucherinnen und Besucher.