Es ist auch eine Kritik am früheren EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm. Seit 2022 leitet er den Zentralausschuss des Weltkirchenrates. Dessen Nahost-Erklärung sorgt weiter für Zündstoff.
Der württembergische evangelische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl kritisiert eine Erklärung des Weltkirchenrats zur Lage im Nahen Osten. Dabei geht es insbesondere um die Verwendung des Begriffes “Apartheid” durch den Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) im Hinblick auf Israel. “Mit der Behauptung, Israel sei ein Apartheidstaat, macht sich der Zentralausschuss des ÖRK einen politischen Kampfbegriff zu eigen, der sachlich falsch ist und in der aufgeheizten Debatte um den Weg zum Frieden im Nahen Osten nur zur weiteren Polarisierung führt”, kritisierte Gohl am Mittwoch in Stuttgart.
Der Zentralausschuss des ÖRK hatte bei seiner Tagung vom 18. bis 24. Juni in Johannesburg (Südafrika) Israels Politik gegenüber den Palästinensern verurteilt und gefordert, “dass die Realität der Apartheid beim Namen genannt wird”. Weiter heißt es in der Erklärung des ÖRK-Leitungsgremiums: “Wir (…) verurteilen das System der Apartheid, das Israel dem palästinensischen Volk auferlegt und damit das Völkerrecht und das moralische Gewissen verletzt.”
Dem ÖRK mit Sitz in Genf gehören nach eigenen Angaben derzeit 356 Mitgliedskirchen in mehr als 120 Ländern weltweit an, die rund 580 Millionen Christen vertreten. Die römisch-katholische Kirche ist nicht Mitglied, arbeitet aber mit dem Weltkirchenrat seit Jahrzehnten zusammen.
In mehreren Stellungnahmen hatte der Vorsitzende des Zentralausschusses des ÖRK, der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Heinrich Bedford-Strohm die ÖRK-Erklärung weitgehend verteidigt. Zugleich machte er deutlich, dass er Parallelen, aber auch Unterschiede zum früheren Südafrika sieht. “Es gibt Analogien, weil es tatsächlich, etwa in der Westbank, eine Situation gibt, wo eine bestimmte Gruppe von Menschen, in diesem Fall eben die Palästinenser, bestimmte Rechte nicht hat”, so Bedford-Strohm. Der größte Unterschied bestehe darin, “dass wir es in Israel nicht mit weißen Kolonialisten zu tun haben, die sich Land nehmen, um dort wirtschaftlich zu prosperieren”, sagte Bedford-Strohm der Zeitschrift “Zeitzeichen”.
Landesbischof Gohl hält hingegen den Begriff Apartheid gar nicht für verwendbar. “Der Begriff der Apartheid stammt aus Südafrika. Er war dort bis 1994 Ausdruck für ein gewalttätiges System rassistischer Diskriminierung. Aufgrund dieses besonderen historischen Kontextes und seines alle Lebensbezüge betreffenden Rassismus ist er nicht auf Israel übertragbar.” Gohl warnte zudem: “In Zeiten, in denen der Antisemitismus weltweit zunimmt, sollten sich gerade christliche Kirchen ihrer historischen Schuld am Antisemitismus bewusst sein und ihn nicht noch befeuern.”