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Kurschus: “Ja, aber” im Nahost-Konflikt verharmlost Antisemitismus

Zum Start der Synode hat sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) entschieden gegen Antisemitismus gestellt.

Annette Kurschus war im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Missbrauchsfall in Siegen von ihren Ämtern zurückgetreten
Annette Kurschus war im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Missbrauchsfall in Siegen von ihren Ämtern zurückgetretenepdbild /Jens Schlüter

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat sich entschieden gegen Antisemitismus gestellt und zugleich Selbstkritik geübt. Jeder Versuch, das Massaker der Hamas gegen Juden im Nahen Osten vom 7. Oktober zu relativieren, sei Antisemitismus. „Jedes ‘Ja, aber’ verharmlost“, sagte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus in Ulm zu Beginn von viertägigen Beratungen der EKD-Synode in Ulm. Antisemitismus habe seine Wurzeln „nicht bei den anderen“ und blühe nicht nur in kleinen extremen Gruppen. „Er kommt aus unserer christlichen Geschichte, er keimt auch in unserer Mitte, unter unseren Kirchenmitgliedern“, sagte sie.

Kurschus betonte erneut ihre Solidarität mit dem von der Terrororganisation Hamas angegriffenen Israel. Das Land habe nach dem grauenhaften Massaker das Recht, sich zu verteidigen und seine Bevölkerung zu schützen, sagte die westfälische Präses. Es sei töricht, die Solidarität mit Israel und die Empathie für die palästinensischen Opfer in ein „Entweder-oder“ zu zwingen.

Gohl: Nein zu Antisemitismus

Zuvor hatte der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl in seiner Predigt im Eröffnungsgottesdienst gesagt: „Nein zu Antisemitismus. Da sind wir uns als Kirche einig, und hoffentlich auch in der Gesellschaft.“ Es sei ein schrecklicher Gedanke, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland nicht mehr sicher fühlen.

Der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Ralf Meister, hatte bereits am Samstag eine Auszeichnung für evangelische Kirchengemeinden vorgeschlagen, die nachweislich gegen Judenhass und Israelfeindlichkeit eintreten. Dazu gehöre es, dass Personen im Verkündigungsdienst sich an bestimmten theologischen Grundlagen orientierten. Auch könnten die Gemeinden „sichere Orte“ für jüdische Mitmenschen anbieten, sagte der hannoversche Bischof.

Bärbel Bas: Sorge um Demokratie

In einem Grußwort bei der Eröffnung der EKD-Synodentagung äußerte sich Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) am Sonntag besorgt über das schwindende Vertrauen der Menschen in demokratische Prozesse. Sie trauten Staat und Politik immer weniger zu. Bas machte dafür Meinungsblasen im Internet und eine durch die AfD verrohte Debattenkultur verantwortlich.

Kurschus wiederum rief die demokratischen Parteien zu einem gemäßigteren Ton in der Debatte über die Flüchtlingspolitik auf. In ihrem Bericht an die 128 Mitglieder des Kirchenparlaments sagte sie, das Wort Migranten werde „beinahe unisono“ mit den Adjektiven „illegal“ oder „irregulär“ verbunden, obwohl die Mehrheit von ihnen einen Schutzstatus erhalte. „Unbedacht oder auch bewusst grob“ sei zudem suggeriert worden, Geflüchtete machten Einheimischen die Gesundheitsvorsorge streitig, sagte die westfälische Präses Kurschus, ohne CDU-Parteichef Friedrich Merz zu nennen, dessen Äußerung zu mutmaßlichen Engpässen bei Zahnarztterminen wegen Flüchtlingen für Kritik gesorgt hatte.

Die Synode der EKD berät bis Mittwoch in Ulm. Ein zentrales Thema der Jahrestagung ist am Dienstag die Vorstellung der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, eine soziologische Studie über die Haltung zu Religion und Kirche in der Gesellschaft.