Für den Berliner Kulturhistoriker Matthias Oloew sind Freibäder ein Symbol der Freiheit und der Gleichheit. Als die ersten Schwimmbäder im 19. Jahrhundert entstanden seien, habe „frei“ nicht nur bedeutet, unter freiem Himmel zu schwimmen, sondern auch gleichberechtigt zu sein, egal ob Arm oder Reich, Jung oder Alt, sagte Oloew dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Seiner Ansicht erleben Freibäder heute eine Renaissance: „Man geht ins Freibad, um eine schöne Zeit gemeinschaftlich zu verbringen.“ Das sei sehr viel beglückender als sich etwa in einer Whatsapp-Chatgruppe auszutauschen, ist Oloew überzeugt, der in seiner Doktorarbeit die Geschichte des öffentlichen Bades in Deutschland untersucht hat.
Durch die Zunahme von heißeren, trockeneren und längeren Sommern gebe es heute wieder Besucherzahlen wie in den 50er bis 70er Jahren, erläuterte der frühere Sprecher der „Berliner Bäder-Betriebe“. Daran ändere selbst der Trend zu kleinen Pools im eigenen Garten nichts. „Ein gesellschaftsverbindendes Erlebnis mit ganz unterschiedlichen Menschen habe ich nur im Freibad.“
Vor den ersten Freibädern mit künstlichem Becken habe es im 18. Jahrhundert bereits Badestellen an natürlichen Gewässern wie Flüssen gegeben. Das preußische Militär habe „Flussbäder“ eingerichtet, um den Soldaten das Schwimmen beizubringen, erklärte Oloew, Autor des Buches „Schwimmbäder. 200 Jahre Architekturgeschichte des öffentlichen Bades“. Später seien reinigende und gesundheitliche Aspekte in den Vordergrund gerückt.
Zu einer „Baderevolution“ sei es 1907 am Wannsee bei Berlin gekommen, als die Massen den See gestürmt hätten, um gemeinschaftlich zu baden, was damals als unsittlich gegolten habe. Daraus sei eine Volksbewegung geworden. Gartenbad-Anlagen seien in der Folge in vielen deutschen Städten gebaut worden. In der Weimarer Republik sei dann auch die Geschlechtertrennung mehr und mehr aufgehoben worden.
Trotz aller Gleichberechtigung sei das geschlechtergetrennte Schwimmen heute wieder ein Thema. Als ein Beispiel nannte Oloew das Freiburger Lorettobad. Dort existiert seit 1886 ein separates Damen-Freibad, das als einziges in Deutschland bis heute als reines Frauenbad genutzt wird: „Das gibt es seit 80 Jahren sonst nirgends“. Aber auch andere Bäder böten bestimmte Badezeiten oder einzelne Badetage exklusiv für Frauen an.