Der Publizist und Schriftsteller Navid Kermani hat an die Ampelkoalition in Berlin appelliert, schärfere Sanktionen gegen den Iran zu verhängen. Innerhalb der Europäischen Union sei Deutschland für den Iran „der Garant gegen allzu harte Sanktionen“, kritisierte Kermani am Freitagabend bei einer Diskussionsveranstaltung in Düsseldorf. Dabei sei das Regime in Teheran der größte Geldgeber und Waffenlieferant für die islamistische Terrorgruppe Hamas sowie die Milizen Hisbollah (Libanon) und Huthi (Jemen) im Kampf gegen Israel.
Der promovierte Orientalist warf der Bundesregierung vor, aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu handeln. 2022 habe Deutschland Waren im Wert von 1,58 Milliarden Euro in das Land exportiert. Damit sei Deutschland der größte Handelspartner des Iran in der EU gewesen. Zudem wolle die Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich diesen Partner auch für künftige Erdöl- und Erdgaslieferungen sichern, sagte Kermani. Immerhin sei der Iran heute weltweit der viertgrößte Erdöl-Produzent.
Der durch den Hamas-Überfall vom 7. Oktober neu ausgelöste Krieg in Nahost wird laut Kermani für sehr lange Zeit schwerwiegende Folgen für die Region haben. Er beklagte, dass die israelische Regierung unter dem Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu „in Gaza eine Vernichtungspolitik betreibt“. „Dies ist ganz im Sinne der Terrororganisation Hamas“, warnte Kermani und mahnte: „Israel darf sein humanes Gesicht nicht aufgeben.“
Kermani ist ein deutsch-iranischer Schriftsteller, Publizist und Orientalist. Der gebürtigen Siegener, der als freier Schriftsteller in Köln lebt, wurde mehrfach mit Kultur- und Literaturpreisen ausgezeichnet. 2015 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Im vergangenen Jahr wurde er mit dem Hans-Ehrenberg-Preis der evangelischen Kirche in Bochum ausgezeichnet. Er ist zudem Preisträger des Thomas-Mann-Preises 2024, der ihm im September in Lübeck übergeben wird.