Die katholische Laienorganisation Sant’Egidio hat die Europäische Union aufgefordert, sich bei der Rettung von Menschenleben im Mittelmeer zu engagieren. Die überfüllten Aufnahmezentren in Italien, vor allem auf Lampedusa, seien nicht das Problem der Migration, sondern „dass noch immer hunderte Menschen im Mittelmeer sterben“, sagte Marco Impagliazzo, der Präsident von Sant’Egidio, am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Rom.
„Europa interessiert sich nicht für die Rettung dieser Menschen“, sagte Impagliazzo. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) der Vereinten Nationen sind allein in diesem Jahr rund 2.300 Menschen bei dem Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, gestorben oder werden vermisst.
Auch den aktuellen Anstieg der Zahlen derjenigen, die es nach Europa schaffen, sieht Impagliazzo nicht als bedrohlichen Ausnahmezustand, wie es oft dargestellt werde. Bis Montag sind in diesem Jahr laut italienischem Innenministerium 114.844 Menschen über das Mittelmeer nach Italien gekommen, mehr als im gesamten Jahr 2022. In den ersten drei Monaten nach dem Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine seien fünf Millionen ukrainische Flüchtlinge in die Staaten der Europäischen Union gekommen und aufgenommen worden. Diese Zahlen zeigten, „dass wir in der Lage sind, diese Menschen aufzunehmen – als Europa“, sagte Impagliazzo
Die vor 55 Jahren gegründete Gemeinschaft Sant’ Egidio ist selbst mit Programmen wie humanitären Korridoren bei der Rettung und Aufnahme von Flüchtlingen beteiligt. Sie ist nach eigenen Angaben in mehr als 70 Ländern vor allem in der Friedensarbeit und in Sozialprojekten aktiv. Der Hauptsitz der Gemeinschaft ist im ehemaligen Kloster Sant’ Egidio in Rom.
Vom 10. bis zum 12. September findet zum 37. Mal das von Sant’Egidio organisierte internationale Friedenstreffen statt, in diesem Jahr in Berlin. Das Treffen steht unter der Überschrift „Den Frieden wagen. Religionen und Kulturen im Dialog“. Es soll dem Dialog zwischen hochrangigen Vertretern aus Politik und Religion sowie zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen dienen. Nach Aachen (2003), München (2011) und Münster-Osnabrück (2017) wird das Friedenstreffen zum vierten Mal in Deutschland stattfinden.