Eine Gesetzesänderung zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber ist nach Einschätzung der Hamburger Juristin Gabriele Buchholtz nicht zwingend notwendig, könnte aber die bundesweite Umsetzung erleichtern. “Die aktuelle Formulierung im Asylbewerberleistungsgesetz sieht eine ‘unbare Abrechnung’ vor, damit wäre der rechtssichere Einsatz der Geldkarte garantiert. Auch wenn bei der Formulierung des Textes niemand an eine solche Karte gedacht hat”, sagte Buchholtz am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Karlsruhe.
Spätestens aber, wenn über die Karte auch Leistungen der Sozialhilfe abgedeckt werden sollten, sei es notwendig, diese Form der Abrechnung explizit ins Gesetz zu schreiben, sagte die Expertin für Migration und Digitalisierung. Bislang können Asylbewerber nach 18 Monaten in Deutschland reguläre Sozialleistungen erhalten. Die Bundesregierung hat beschlossen, diese Frist auf 36 Monate zu verdoppeln. Sozialhilfe ist etwas höher als die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Die Ampel-Koalition streitet über die Frage einer Gesetzesänderung für die Bezahlkarte. Vor allem die Grünen halten sie für nicht notwendig.
Buchholtz sagte, auch im Falle einer Gesetzesänderung blieben die Bundesländer und die Kommunen in der Verantwortung, die konkreten Regeln für die Bezahlkarte sorgfältig auszugestalten. “Wichtig ist beispielsweise, dass eine Kartenzahlung überall dort möglich ist, wo Asylbewerber bislang bar bezahlt haben.” Dabei gehe es nicht nur um die körperlichen Grundbedürfnisse, sondern auch das vom Grundgesetz garantierte sozio-kulturelle Existenzminium, also um eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Auch dürfe die Bezahlung mit der Flüchtlingskarte im Alltag nicht zu Ausgrenzung und Diskriminierung führen, sagte Buchholtz. “Wichtig ist auch, dass es nach Einführung der Bezahlkarte weiterhin möglich ist, kleine Beträge in bar auszuzahlen.”
Grundsätzlich zweifelt die Juristin allerdings die von der Bundesregierung zur Begründung für die Bezahlkarte angeführte These an, wonach der aktuelle Barbezug für Asylbewerber einen entscheidenden “Pull-Faktor” für Migranten darstelle. Dass also mehr Menschen nach Deutschland kämen, weil sie hier Bargeld erhalten. “Wissenschaftliche Studien können diese Vermutung kaum bestätigen. Entscheidend dürften andere Pull-Faktoren sein, etwa eine allgemeine Willkommenskultur, Rechtsstaatlichkeit, die Befolgung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Frage, wo die Asylbewerber und Flüchtlinge bereits Bekannte oder Familienangehörige haben.”