Die Anzeige gegen das Online-Magazin queer.de wegen der Verunglimpfung des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. wird nach Einschätzung eines Rechtsexperten keine großen Auswirkungen haben. “Meiner Meinung nach handelt es sich dabei maximal um ein Delikt am unteren Rand einer Strafwürdigkeit, wie alle Beleidigungsdelikte”, sagte der Leipziger Strafverteidiger Tommy Kujus am Mittwoch in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Hinzu komme, “dass auch die Presse- und Meinungsfreiheit beachtet werden muss. Nicht jede übersteigerte oder unangebrachte Kritik stellt eine Straftat dar.”
Als Person des öffentlichen Lebens – also auch als Papst – müsse “man mehr in Kauf nehmen” als der Normalbürger “und auch übersteigerte Kritik gegebenenfalls aushalten”, erklärte Kujus. Das gelte auch nach dem Tod. “Die Grenze ist dann erreicht, wenn unsachliche Kritik einen schwerwiegenden beleidigenden Charakter hat.” Das liege etwa vor, “wenn der Täter vorsätzlich das Andenken eines Verstorbenen herabwürdigt oder eben ‘verunglimpft'”. Eine solche Anzeige komme jedoch sehr selten vor. “Es gibt es zwar oft, dass in der Bevölkerung über Tote hergezogen wird und dieser Straftatbestand also vorliegt. Aber es wird fast nie angezeigt.”
Staatsanwaltschaft ermittelt
Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt nach einer Anzeige gegen das Online-Magazin queer.de wegen eines Nachrufs auf den früheren Papst. Grundlage ist der Paragraf 189 des Strafgesetzbuches zur “Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener”. Das Magazin hatte in einem Text Benedikt XVI. als einen “der größten queerfeindlichen Hetzer” bezeichnet, dessen “Markenzeichen Homohass” gewesen sei.
Der frühere Papst war an Silvester im Alter von 95 Jahren gestorben und wurde vergangene Woche im Vatikan unter dem Petersdom beigesetzt. Er hatte sich in seiner Amtszeit wiederholt gegen homosexuelle Lebensformen ausgesprochen.