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Jüdische Studentin: Antisemitismus an Hochschulen hat zugenommen

Die Vizepräsidentin der Jüdischen Studierendenunion Württemberg, Lisa Strelkowa (Ulm), beobachtet eine Zunahme von Antisemitismus an Hochschulen seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. „Wir merken das definitiv – einerseits durch ein unterschwelliges, antisemitisches Klima, das durch Sticker und Schmierereien verursacht wird, aber auch durch größere Aktionen wie Besetzungen und Demonstrationen, die nicht nur israelkritisch, sondern auch teilweise antisemitisch sind“, sagte die 24-jährige Studentin der Klinischen Psychologie aus Ulm im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Gewalttätige Angriffe gebe es leider auch vereinzelt auf jüdische Menschen, sie seien aber zum Glück nicht an der Tagesordnung. Sie persönlich habe den Eindruck, seit dem 7. Oktober mehr auf ihr Jüdischsein reduziert zu werden: „Manche begegnen mir noch reservierter als zuvor, manche mit noch mehr Mitleid – beides ist für mich gewöhnungsbedürftig.“

Strelkowa engagiert sich beim Projekt „Meet a Jew“, wo sie an Schulen geht und über ihr Leben und ihren Glauben spricht. „Häufig bin ich für die Schülerinnen und Schüler die erste jüdische Person, die sie außerhalb von Bildschirmen und Karikaturen sehen.“ Sie finde es immer wieder schön, zu zeigen, „dass wir nicht alle Hut und Bart tragen, sondern dass wir ganz normale Menschen sind. Und uns im Endeffekt einfach viel, viel mehr verbindet, als uns unterscheidet.“

Den Holocaust-Gedenktag am 27. Januar, an dem an die Opfer des Nationalismus und die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz vor 80 Jahren gedacht wird, begeht sie mit gemischten Gefühlen: Zwar sei es wichtig, an die furchtbaren Ereignisse zu erinnern, damit sie sich nicht wiederholen. Andererseits sei der Tag für sie als Jüdin auch immer mit sehr komplizierten Emotionen verbunden, weil häufig an sie herangetragen werde, dass sie sich dafür einsetzen muss, dass der Antisemitismus nicht weiter steigt. „Und gleichzeitig denke ich, es ist aber auch nicht immer meine Aufgabe und unsere Aufgabe als Jüdinnen und Juden in Deutschland Antisemitismus zu verhindern, sondern die ganze Gesellschaft ist gefragt.“

Für Lisa Strelkowa ist wichtig, dass neben dem Gedenken und dem Blick auf tote Jüdinnen und Juden auch der Blick auf die lebenden Menschen jüdischen Glaubens gerichtet wird. „Ich finde es gut, sich zu erinnern, aber man sollte auch den Blick in die Zukunft richten.“ (0150/23.01.2025)