Die Journalistin Gabriela Keller beobachtet eine zunehmende Professionalisierung von Hassakteuren im Internet. „Es scheint eine große Menge von Menschen zu geben, denen es unheimlich Spaß macht, hässliche, gewaltsame und unflätige Dinge an öffentlich sichtbare Menschen, vor allem Frauen, zu schreiben“, sagte die Reporterin, die für das Recherchenetzwerk „Correctiv“ arbeitet, beim Medienkongress re:publica in Berlin. Immer mehr Menschen würden Hassnachrichten als politisches Instrument einsetzen.
Nachdem „Correctiv“ eine Recherche zu einem Treffen von AfD-Vertretern mit Rechtsextremisten in Potsdam veröffentlichte, hätten bestimmte AfD-Akteure wie die stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch die Menschen immer wieder angeheizt, sagte Keller. Sie erhalte selbst viele Hassnachrichten und Drohungen, in denen vor allem versucht werde, ihre Arbeit zu diskreditieren.
Auch die Journalistin Gilda Sahebi sieht eine Verbindung zwischen öffentlichen Äußerungen von Politikerinnen und Politikern und digitalen Hetzjagden – das habe auch der Umgang mit einem Video von Sylt gezeigt. Ende vergangener Woche war ein offenbar an Pfingsten auf Sylt aufgenommenes Video an die Öffentlichkeit gelangt, in dem Gäste einer Bar auf der Insel ausländerfeindliche Texte zur Melodie des Liedes „L’ amour toujours“ grölen. Die rassistischen Entgleisungen lösten bundesweit Bestürzung und Kritik aus.
Die Art und Weise, wie Politikerinnen und Politiker sich äußerten oder was in den Medien geschrieben werde, habe einen Einfluss darauf, wie Menschen Dinge wahrnähmen und fühlten, sagte Sahebi. Eingewanderte oder geflüchtete Menschen würden das ständig erleben, betonte die freie Journalistin, die unter anderem für die „taz“ und den „Spiegel“ tätig ist. Menschenfeindliche Äußerungen seien in der vergangenen Zeit extremer geworden.