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Jetzt kaufen, später bezahlen – Viele Menschen verschulden sich

Viele Menschen verlieren bei “Buy now – pay later”-Angeboten den Überblick: Die Verschuldungen steigen aktuell deutlich, so eine Untersuchung der Schuldnerberatungen. Daran habe auch mangelnde Transparenz ihren Anteil.

Immer mehr Menschen lassen sich laut einer Untersuchung der bundesweiten Schuldnerberatungen von “Buy Now, Pay Later”-Angeboten verführen – und verschulden sich. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter rund 1.000 Schuldnerberatungsstellen in Deutschland. Demnach gibt es im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg um rund 60 Prozent, sagte Roman Schlag, Referent für Schuldnerberatung beim Caritasverband im Bistum Aachen, am Mittwoch in Berlin. Insgesamt suchten demnach im vergangenen Jahr rund 600.000 Menschen bundesweit Rat bei einer Schuldnerberatung.

Mit solchen Angeboten werde auch versucht, Löcher in der Haushaltskasse zu stopfen, so Schlag. “Nach dem Motto: Ich brauche die Hose jetzt, kann sie aber erst später bezahlen.” Zunehmend handele es sich bei verschuldeten Personen um junge Menschen unter 25 Jahren. Das sei besonders alarmierend, sagte Schlag: “Schulden bauen sich normalerweise lange auf.” Zudem gerieten auch mehr Menschen in die Schuldenfalle, die erwerbstätig seien (44 Prozent mehr als im Vorjahr). “Diese wären ohne Inflation mit ihrem Budget noch klar gekommen. Jetzt nicht mehr”, sagte Schlag. Auch Menschen mit Wohneigentum gehörten verstärkt zu den Ratsuchenden.

Hauptverantwortlich für steigende Zahlen bei Angeboten, bei denen man etwas kauft, aber erst später bezahlt, sei vor allem, dass viele Menschen den Überblick verlören. “Wir fordern deshalb mehr Transparenz zu den Konditionen des Kaufs – und zwar nicht im Kleingedruckten”, sagte Wiebke Rockhoff, Referentin für Schuldnerberatung bei der Diakonie Deutschland. Zudem sei eine finanzielle Allgemeinbildung von klein auf nötig. “Junge Menschen fühlen sich hier oft alleingelassen und wünschen sich solche Informationen auch in der Schule.” Bei Mädchen sei das finanzielle Wissen erfahrungsgemäß weniger vorhanden als bei Jungen.

Auch brauche es einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung sowie eine flächendeckende Finanzierung. “Verschuldung ist in unserer Marktwirtschaft gewünscht. Das kann aber schnell kippen”, so Rockhoff. Für die Gesellschaft sei es langfristig günstiger, eine gute Beratung zu finanzieren.

An steigenden Zahlen hätten auch zahlreiche Krisen – Pandemie, Krieg, Inflation, zuletzt das Hochwasser in Süddeutschland – ihren Anteil, sagte Schuldnerberater Schlag. Verletzliche Gruppen, also Menschen in prekären Einkommenssituationen, stünden dann besonders unter Druck.