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„Jesus Christus ist der Missionar“

Als Pfarrerssohn sah sich Christof Theilemann hin und wieder „in der Ecke stehen“. Denn dort, wo er aufwuchs, galt die Kirche als Feindbild des Staates. Heute ist der gebürtige Vogtländer Direktor des Berliner Missionswerkes. Seine festliche Einführung findet am 10. Juni beim Abschlussgottesdienst des Ökumenischen Pfingstfestes der Kirchen vor dem Rathaus Berlin-Schöneberg statt. Gunnar Lammert-Türk schreibt über die bisherige Lebensreiseroute des Direktors.

“Jesus Christus ist ein Missionar”

Von Gunnar Lammert-Türk

Christof Theilemann ist neuer Direktor des Berliner Missionswerks. Am 10. Juni wird er eingeführt

Menschen mit vielseitigen Interessen und Begabungen müssen manchmal entscheiden, welcher sie den Vorzug geben. Das ist auch bei Christof Theilemann so, der seit 1. Mai neuer Direktor des Berliner Missionswerks und Beauftragter für Ökumene, Mission und Weltmission der EKBO ist. Nach seinen Hobbys gefragt, nennt er Lesen, Reisen, Sprachen und Sport. Und hängt noch ran, dass er auch mal Geige gelernt hat. Die Eltern hätten wohl gern gesehen, dass er mehr aus seiner musikalischen Begabung macht und sorgten dafür, dass er bei den Thomanern vorsingt. Als Theilemann klar wurde, dass er dort nicht mehr genug Zeit zum Fußballspielen haben würde, entschied er sich dagegen. Die Entscheidung zugunsten des Sports ist bis heute wichtig geblieben. Sie kam ihm als Gemeindepfarrer bei der Jugendarbeit sehr zu Pass. Da war er auch im Tischtennis schwer zu schlagen, das er neben Fußball gut beherrscht.Theilemann wurde im Vogtland geboren und blieb dort bis zum frühen Jugendalter. In dieser auch in der DDR-Zeit sehr christlich, mit eigener Frömmigkeit geprägten Gegend war, wie er sagt, „die Kirche das Feindbild des Staates“. Und es kam immer mal vor, dass er als Pfarrerssohn in der Ecke stehen musste. Für ihn aber war Kirche „immer Freiheit und freies Denken“.So erlebte er es unter anderem im kirchlichen Proseminar in Hermannswerder bei Potsdam, wo er sein Abitur ablegte. Theologie studieren wie die meisten seines Jahrgangs wollte er zunächst nicht. Jedenfalls nicht gleich. Deshalb arbeitete er ein Jahr im Leipziger Zentralantiquariat. In dieser Zeit stärkte er seine zweite Vorliebe, die fremden Sprachen, indem er französische und englische Romane verschlang. So ausgerüstet dolmetschte er während des Theologiestudiums am Sprachenkonvikt in Berlin immer mal für den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), wenn der in der DDR tagte. Besonders eindrücklich war für ihn die Tagung in Dresden 1981 in Anwesenheit des damaligen Generalsekretärs Philipp Potter. Er traf junge Menschen aus allen Ecken des Erdballs und begann eine Brieffreundschaft mit einer jungen Frau aus den USA. Über den ÖRK konnte er schließlich von 1986 bis 1987 ein Jahr in Cambridge studieren.Theilemann hatte so schon vor der politischen Wende in Deutschland ein wenig den Atem der Welt und der Weltkirche aufnehmen können. Nach seiner Promotion 1989 wurde er nicht gleich Pfarrer. Anderes schien ihm angesichts des gesellschaftlichen Umbruchs zunächst dringlicher. „Ich wollte etwas für die deutsche Einheit tun“, erinnert er sich. So leitete er im Auswärtigen Amt die politische Abteilung der Botschaft in Großbritannien und Frankreich. Er sollte Botschafter in London werden, ging dann aber doch ins Pfarramt nach Königs Wusterhausen, wo er knapp zwanzig Jahre blieb.2010 dann, erfahren in der Gemeindearbeit und auch ein wenig in der Politik, sprachlich gut gerüstet und schon in Berührung gekommen mit der Weltkirche, ging Theilemann ans Berliner Missionswerk. Hier übernahm er das Ökumenereferat, das für ökumenische Grundsatzfragen, die fremdsprachigen Gemeinden in der EKBO sowie für die kirchliche Partnerschaft mit Ostasien, Westeuropa und die USA zuständig ist. Er baute die Abteilung Ökumene auf und leitete diese. Und wurde Stellvertreter des früheren Direktors Roland Herpich. Die beiden kamen gut miteinander zurecht. Sie teilen die Leidenschaft für den Fußball. Zudem schätzt Christof Theilemann Herpichs strategisches Denken und stimmt mit dessen Bestehen auf der Freiheit des Gegenübers in Bezug auf die Mission überein. Er fasst es in die Worte: „Jesus Christus ist der Missionar mit dem Heiligen Geist.“ Theilemann wendet sich gegen eine grundlegende Ablehnung des Begriffs Mission und verweist dabei auch auf die ökumenischen Partner. In Taiwan beispielsweise hat er erlebt, wie Studenten eine Oper zu Ehren eines Missionars aufgeführt haben. Mission heute heißt für Theilemann vor allem, die Partnerkirchen beim Aufbau einer effizienten Diakonie und in Bildungsfragen zu unterstützen. In die Landeskirche gewendet, bedeutet die Arbeit des Missionswerks für ihn: „Wir bringen den Leuten die Welt nach Hause.“Ansonsten wünscht er sich, dass die evangelische Kirche „selbstbewusster, gelassener und fröhlicher“ in der Verkündigung auftritt. Entscheidend, sagt er, ist es, „mit den Menschen zu leben, nahe bei ihnen zu sein“. Das bezieht er sowohl auf die Gemeindearbeit in der Landeskirche als auch auf die Arbeit mit den Partnerkirchen in der Welt.

Im Rahmen des Ökumenischen Pfingstfestes der Kirchen vor dem Rathaus Berlin-Schöneberg am Pfingstmontag, 10. Juni, wird Christof Theilemann im Abschlussgottesdienst um 17 Uhr eingeführt.