Weinheim – Laut der britischen Religionssoziologin Linda Woodhead werden Kirchen und Religionen in Deutschland und Europa künftig weiter stark an Bedeutung verlieren. „Ich glaube nicht, dass es ein völliges Absterben des Christentums geben wird, doch die Zunahme der Konfessionslosigkeit lässt sich nicht umkehren“, sagte sie der in Weinheim erscheinenden Zeitschrift „Psychologie heute“. Dem Leben Sinn zu geben, auch über den Tod hinaus, sei über Jahrhunderte das „Kerngeschäft“ der organisierten Religionen gewesen, so Woodhead. Inzwischen habe vor allem in den liberalen Demokratien ein Paradigmenwechsel stattgefunden: vom Ethos der Selbstaufopferung für höhere Zwecke hin zum „Ethos der Selbstverwirklichung“.
Zugleich sieht die Soziologin einen Zusammenhang zwischen einem Rückgang von Religiosität und materiellem Wohlstand. „Je reicher eine Gesellschaft ist, desto weniger spielt die Religion eine Rolle.“ Materieller Reichtum vergrößere die individuellen Handlungsspielräume, ermögliche mehr Konsum und Freizeitmöglichkeiten sowie mehr Chancen der Selbstverwirklichung im Beruf. Die Autorin betonte, die Entwicklung hin zu weniger Kirchlichkeit werde sich beschleunigen. „Entscheidend dafür ist der Rückgang religiöser Erziehung insgesamt.“ KNA
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