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Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen eröffnet – Gedenken an Sydney

Tacheles in Sachsen: Der Freistaat widmet jüdischem Leben und jüdischer Kultur ein Themenjahr. In Chemnitz wurde es jetzt feierlich eröffnet. Wie der Terrorangriff auf eine Chanukka-Feier in Sydney den Festakt prägte.

In Chemnitz ist zum jüdischen Lichterfest Chanukka das sachsenweite Themenjahr “Tacheles 2026 – Jahr der jüdischen Kultur” eröffnet worden. Beim Festakt am Sonntag wurde mit einer Schweigeminute auch der Opfer des Terrorangriffs auf eine jüdische Chanukka-Feier im australischen Sydney gedacht, bei der mindestens zwölf Menschen starben. Ministerpräsident Michael Kretschmer verurteilte die Tat und rief zugleich mit Verweis auf die Bibel auf, Hass nicht mit Hass zu vergelten.

Kretschmer betonte als Schirmherr des Themenjahrs: “Wir wollen jüdisches Leben hier. Und wir sind dankbar für das Vertrauen, für die Selbstverständlichkeit, mit der es jetzt wieder da ist.” Es sei kein einfacher Weg gewesen, in Sachsen in den vergangenen 35 Jahren wieder lebendige jüdische Gemeinden zu gründen. Vor genau 100 Jahren wurde der erste sächsische Landesverband der jüdischen Gemeinden gegründet. Es gibt im Freistaat drei jüdische Gemeinden in Dresden, Leipzig und Chemnitz mit aktuell rund 2.700 Mitgliedern.

Er wünsche sich, dass das Themenjahr in dem Bewusstsein begangen werde, “dass die jüdische Kultur, jüdische Menschen, das jüdische Leben eine ganz zentrale Bedeutung für das haben, was unser Freistaat Sachsen heute ist”, sagte Kretschmer im Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz (smac). Es ist im ehemaligen Kaufhaus Schocken untergebracht. Dessen jüdische Gründer betrieben bis zur Enteignung durch die Nationalsozialisten Ende 1938 eine der erfolgreichsten Warenhausketten Deutschlands.

Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, sagte: “Was heute in Australien passiert ist, ist eigentlich eine Lehre für uns alle.” Dass nämlich Antisemitismus eine “tödliche Ideologie” sei. Zugleich verwies er auf zahlreiche deutsch-israelische Projekte, die es inzwischen gebe – vom Schüleraustausch bis zu militärischer Kooperation: “Gemeinsam können wir Unglaubliches erreichen.” Dennoch könne er nicht so tun, “als sei alles Friede, Freude, Eierkuchen”. Denn Antisemitismus greife um sich, insbesondere auch im Kulturbetrieb. Von Sachsen könnten nun jedoch im Themenjahr gegenteilige Signale ausgehen: “Gemeinsam können wir eine Kultur zurückfinden, die nicht spaltet, sondern einlädt.”

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Mark Dainow, bezeichnete die Juden als Seismografen der Gesellschaft und Demokratie. Auch er beklagte zunehmenden Antisemitismus. “Die Mehrheitsgesellschaft gewöhnt sich daran und hinterfragt nicht mehr, warum jüdisches Leben überall infragegestellt wird.” Das zeige, wie mächtig der Antisemitismus inzwischen sei. Zugleich betonte er: “Aber wir sind ihm nicht ausgeliefert.”

Bis zum 12. Dezember 2026 stellt das Themenjahr jüdische Geschichte, Kultur und Gegenwart in den Mittelpunkt. Unter dem Motto “Jüdisch – sächsisch – mentshlich” verbindet das Projekt Initiativen aus Kultur, Wissenschaft, Bildung, Kirchen und Zivilgesellschaft. Geplant sind mehr als 365 Veranstaltungen, Projekte und Ausstellungen. Ziel ist laut dern Veranstaltern, “jüdisches Leben, jüdische Kultur und Geschichte als selbstverständlichen Teil der sächsischen Gesellschaft und Kulturlandschaft sowie der Lokal- und Regionalgeschichte zu sehen und zu verstehen.”