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Israels Botschafter: Nehmen Merz-Kritik ernst – Zentralrat warnt

Der Kanzler hat kein Verständnis mehr für das militärische Vorgehen Israels in Gaza. Die Regierung in Jerusalem weist die Einwände nicht, wie so oft, zurück. Der Zentralrat der Juden äußert Verständnis – warnt aber auch.

Israels Regierung will sich mit den kritischen Worten von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zum Gaza-Krieg auseinandersetzen. Das versicherte der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. “Wenn Friedrich Merz diese Kritik gegenüber Israel erhebt, dann hören wir sehr gut zu, weil er ein Freund ist.” Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, äußerte Verständnis für die Aussagen von Merz. Mit Blick auf die Lage von Juden in Deutschland warnte er zugleich vor israelbezogenem Hass.

Merz hatte am Montag beim WDR-Europaforum in Berlin gesagt: “Das, was die israelische Armee im Gazastreifen macht, ich verstehe – offen gestanden – nicht mehr, mit welchem Ziel.” Die Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft zu nehmen, lasse sich nicht mehr mit einem Kampf gegen den Terrorismus der Hamas begründen.

Trotz seiner entgegenkommenden Reaktion betonte Prosor, dass Israel weiter das Ziel verfolge, “Hamas als Terrororganisation zu beseitigen”. Man habe es mit jemandem zu tun, der das israelische Volk auslöschen wolle. Das sei beim Terrorangriff vom 7. Oktober 2023 deutlich geworden. Der Diplomat sprach von einem “Teufelskreis”, in dem Israel versuche, in den Gazastreifen verschleppte Geiseln zu retten, humanitäre Hilfe zu leisten und gleichzeitig Terroristen zu bekämpfen. “Leicht ist das nicht.”

Die Hamas habe Schulen zu Waffenlagern gemacht, Moscheen zu Kasernen und Krankenhäuser zu Kommandozentralen. Vor diesem Hintergrund halte er Äußerungen mancher europäischer Staaten für unangemessen. Die Bereitschaft etwa von Frankreich und Spanien, einen palästinensischen Staat anzuerkennen, sei befremdlich, sagte Prosor. Das hieße, Hamas nach dem Massaker zu belohnen.

Auch Schuster betonte auf der Plattform X, dass die Hamas die Verantwortung für das Leid trage. Sie könne es mit der Freilassung der am 7. Oktober verschleppten Geiseln und der Niederlegung der Waffen selbst beenden. “Ich kann es jedoch verstehen, wenn der Bundeskanzler sich in der aktuellen Situation zu der Lage in Gaza äußert und auch kritische Töne sendet. Der Kampf gegen die Hamas ist existenziell für Israel und ohne Alternative, zivile Opfer müssen so gering wie möglich gehalten werden, humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza ist notwendig.”

Schuster rief zugleich dazu auf, dass Politiker es vermeiden sollten, antisemitische Narrative zu bedienen, die Judenhass mit Verweis auf Israels Kriegsführung relativierten. “Wenn die Sicherheit von Juden in Deutschland in Verbindung zur israelischen Kriegsführung gesetzt wird, werden Juden kollektiv für die Handlungen Israels in Verantwortung genommen – das entlastet all die Judenhasser, die genau dieser antisemitischen Logik folgen.”

Die Folge sei eine Normalisierung von israelbezogenem Antisemitismus. Dies beunruhige die jüdische Gemeinschaft hierzulande. Israel führe einen Kampf ums Überleben, so Schuster. Die Existenz des Staates werde durch viele Feinde im Nahen Osten gefährdet. “In diesem Kampf muss die Bundesrepublik Deutschland unerschütterlich an der Seite Israels stehen.”