Noch mehr Gaza-Krieg: Israel will die Hamas endgültig besiegen und den Gazastreifen entmilitarisieren. Die Terrororganisation reagiert prompt – und auch die Bundesregierung zieht Konsequenzen.
Nach stundenlangen Beratungen hat Israels Sicherheitskabinett eine neue Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen beschlossen. Wie das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (Freitagmorgen) mitteilte, billigte das Kabinett Pläne zur Einnahme der Stadt Gaza. Die Hamas drohte daraufhin mit Konsequenzen, und Deutschland will die Ausführ von Rüstungsgütern nach Israel vorerst stoppen. Auch die Vereinten Nationen sprechen eine deutliche Warnung in Richtung Israel aus.
Nach dem Willen des Sicherheitskabinetts soll der gesamte Gazastreifen entmilitarisiert und die Hamas entwaffnet werden. Alle in der Region verbliebenen israelischen Geiseln sollen nach Hause zurückkehren. Das umkämpfte Gebiet solle unter israelische Kontrolle kommen; von einer vollständigen Einnahme des Gazastreifens ist indes nicht die Rede. Als letzten Punkt sieht der neue Plan den Aufbau einer neuen Zivilregierung vor, die weder von der Hamas noch von der Palästinensischen Autonomiebehörde geführt wird.
Im Interview des US-Senders Fox News hatte Netanjahu den Schritt schon am Donnerstag angekündigt und erklärt, den Gazastreifen in die Verwaltung arabischer Kräfte übergeben zu wollen. Um welche Länder es sich dabei genau handeln soll, präzisierte er nicht.
Monatelange indirekte Verhandlungen zwischen Israel und den Terroristen über eine neue Waffenruhe und die Freilassung weiterer Geiseln waren zuvor gescheitert. Am Donnerstagabend gab es in Israel landesweit Proteste gegen die neuen Regierungspläne. Auch Angehörige der von der Hamas festgehaltenen Geiseln sprachen sich gegen eine weitere militärische Eskalation aus. Oppositionsführer Yair Lapid sprach (Freitag) von einer “Katastrophe, die zu vielen weiteren Katastrophen” führen werde.
Die Zeitung “Haaretz” (Freitag) berichtete, dass Gaza bis zum Jahrestag der Hamas-Terrorangriffe vom 7. Oktober 2023 evakuiert werden solle; anschließend erfolge die militärische Übernahme. Schätzungen zufolge leben derzeit rund 800.000 Palästinenser in der Stadt, von denen die meisten bereits mehrfach vertrieben wurden.
Die Hamas drohte im Fall einer Ausweitung der Kämpfe mit Konsequenzen. Israels Armee werde dafür einen “hohen Preis” zahlen, hieß es in einer Stellungnahme der Terroristen. Details wurden nicht genannt.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte derweil an, es werde bis auf weiteres keine Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter nach Israel mehr geben. Die Bundesregierung bleibe zutiefst besorgt über das fortdauernde Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Mit der geplanten Offensive trage Israels Regierung noch stärker als bisher Verantwortung für deren Versorgung. Sie müsse einen umfassenden Zugang für Hilfslieferungen ermöglichen, auch für UN-Organisationen und andere nicht-staatliche Institutionen. “Israel muss nach den richtigen Schritten der letzten Tage die humanitäre Lage in Gaza weiter umfassend und nachhaltig verbessern”, forderte Merz.
Auch die Vereinten Nationen warnen Israel vor diesem neuen Schritt. Er widerspreche dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes, wonach Israel die Besetzung des Gazastreifens so schnell wie möglich beenden und zum Ansatz der Zwei-Staaten-Lösung zurückkehren müsse, erklärte UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk. “Nach allem, was bislang bekannt ist, wird diese weitere Eskalation zu noch mehr Vertreibung, mehr Toten, mehr unerträglichem Leid, sinnloser Zerstörung und Gräueltaten führen.” Israels Regierung müsse sich mehr anstrengen, das Leben von Zivilisten in Gaza zu schützen, so Türk.