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Islamexperte fordert Unterstützung vom Staat für Moscheegemeinden

Die ersten Absolventen des Islamkollegs Deutschland werden am Samstag feierlich verabschiedet. Ob alle als Imame in Moscheegemeinden einen gut bezahlten Job finden, ist fraglich.

Saeed ist plötzlich ständig in der Moschee (Symbolbild)
Saeed ist plötzlich ständig in der Moschee (Symbolbild)Imago / Müller-Stauffenberg

Der Osnabrücker Islamexperte Bülent Ucar fordert von Bund und Ländern Unterstützung für Moscheegemeinden bei der Einstellung von in Deutschland ausgebildeten Imamen. Die Moscheegemeinden hätten nicht die eigenständige finanzielle Kraft, in Deutschland ausgebildete Imame einzustellen, sagte der Direktor des in Osnabrück ansässigen Islamkollegs dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das 2021 gegründete Islamkolleg verabschiedet am Samstag 14 Männer und drei Frauen, die erstmals an einer zweijährigen grundständigen islamtheologisch praktischen Ausbildung erfolgreich teilgenommen haben.

Imame, die ein abgeschlossenes Studium und jetzt auch die islamtheologisch praktische Ausbildung abgeschlossen hätten, erwarteten zu Recht angemessen bezahlte Jobs, sagte Ucar. Die Absolventen können als Imame und Gemeindepädagoginnen sowie als Seelsorgerinnen und Seelsorger arbeiten.

Muslime sehen “Meilenstein”

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, bezeichnete den Abschluss des ersten Jahrgangs als „Meilenstein in der Geschichte des Islam in Deutschland“. Der Zentralrat zählt zu den Gründungsmitgliedern des Islamkollegs. Sie leisteten einen bedeutenden Beitrag zur Integration und zum gegenseitigen Verständnis zwischen den Religionen in Deutschland, sagte er dem epd.

Mazyek sagte, die Moscheen hätten einen großen Bedarf an gut qualifizierten und engagierten Imamen und Fachkräften für den aufgeklärten Islam. Ferner sehe er großes Potenzial für die Absolventen in der Krankenhaus-, Gefängnis- und Militärseelsorge. Das gelte besonders für weibliche Führungspersonen und Theologinnen in Moscheegemeinden und islamischen Organisationen.

Bülent Ucar, Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück
Bülent Ucar, Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität OsnabrückImago / Metodi Popow

Ucar schlug vor, wenn die Regierungen nicht direkt die Imame finanzieren wollten, könnten sie etwa die Sozial- und Jugendarbeit der Gemeinden unterstützen. Mit dem dann frei werdenden Geld könnten die Moscheegemeinden die Imame bezahlen. Eine andere Möglichkeit sei die vom Islamwissenschaftler Michael Kiefer vorgeschlagene unabhängige, aber vom Staat finanzierte Moschee-Stiftung, die die Imame bezahle.

Leider zeige sich die Ampel-Koalition sehr zurückhaltend, bemängelte Ucar. Politiker aller Parteien kritisierten seit Jahren, dass die Imame des türkisch-islamischen Verbands Ditib durch den türkischen Staat finanziert würden. Aber an Alternativen werde nicht ernsthaft gearbeitet. Das Personal der christlichen Kirchen hingegen werde etwa über die Staatsleistungen seit Jahrhunderten mitfinanziert.

“Spärlich in der Bereitschaft”

Auch Mazyek kritisierte, die Politik gehe nicht auf die konstruktiven Vorschläge ein. Sie würden „stiefmütterlich“ behandelt, sagte er. „Eine Entwicklung, die ich seit geraumer Zeit in Deutschland beobachte. Weltmeisterlich in der Kritik über die islamische Verbandslandschaft, spärlich in der Bereitschaft, wirklich alternative Modelle nachhaltig zu unterstützen.“