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Internationale Proteste gegen israelisches UNRWA-Verbot

Dem Palästinenserhilfswerk UNRWA droht das Aus in Israel. Das israelische Parlament hat ein Verbot verabschiedet – und sorgt damit für heftige Kritik. Viele befürchten den humanitären Kollaps.

Die von Israel beschlossenen Maßnahmen gegen das Palästinenserhilfswerk UNRWA sorgen international für Kritik und Besorgnis. Vertreter von Politik, Nichtregierungsorganisationen und katholischer Kirche warnen vor massiven negativen Folgen für die palästinensische Bevölkerung.

Die am Montagabend vom israelischen Parlament verabschiedeten Gesetze verstießen gegen internationales Recht und verletzten Israels Verpflichtungen gegenüber den Palästinensern, kritisierte das israelische Adalah-Rechtszentrum für Minderheiten. Die mit großer Mehrheit aus Regierung und Opposition angenommenen Gesetze stellten einen bewussten Versuch dar, mehr als 2,5 Millionen palästinensischen Flüchtlingen ihren Status und ihr Rückkehrrecht zu entziehen. Eine Einschränkung der Aktivitäten habe “katastrophale Folgen” für Flüchtlinge im von Israel besetzten Westjordanland und insbesondere in Gaza, wo Betroffene schon jetzt keine grundlegende Hilfe erhielten.

Besorgt über die möglichen Auswirkungen zeigte sich auch der deutsche Botschafter in Tel Aviv, Steffen Seibert. “Die humanitäre Lage der vertriebenen Männer, Frauen und Kinder in Gaza ist bereits katastrophal”, schrieb er am Dienstag auf der Online-Plattform X. Die nun beschlossenen Gesetze gefährdeten die Vertriebenen zusätzlich.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte vor einer Umsetzung. Das UNRWA-Hilfswerk sei alternativlos. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini sprach von einem “gefährlichen Präzedenzfall”, der völkerrechtliche Verpflichtungen Israels verletze. “Diese Gesetzesvorlagen verschlimmern das Leid der Palästinenser und sind nichts anderes als eine kollektive Bestrafung”, so Lazzarini.

Unter anderem verbieten die Gesetze dem Hilfswerk, auf israelischem Staatsgebiet zu arbeiten. Damit wird auch die Arbeit in den palästinensischen Gebieten stark eingeschränkt, deren Zugänge von Israel kontrolliert werden. Dem UNRWA-Hauptquartier in Ostjerusalem droht die Schließung.

Auch das palästinensische Außenministerium in Ramallah warf Israel einen schweren Völkerrechts-Verstoß vor. Das Hilfswerk sei “Lebensader” für Millionen palästinensische Flüchtlinge. Seine Arbeit zu verhindern, werde katastrophale Folgen haben. Die internationale Gemeinschaft müsse unverzüglich eingreifen. Die beschlossenen Gesetze seien Teil einer Strategie, um das Rückkehrrecht vertriebener Palästinenser aufzuheben und die Erinnerung an begangenes Unrecht im Zuge der Staatsgründung Israels 1948 zu delegitimieren.

Deutsche Entwicklungs- und Hilfsorganisationen schlossen sich der Kritik an. “Das Arbeitsverbot bedeutet praktisch das Aus für den wichtigsten Akteur der humanitären Hilfe in Gaza”, sagte das Vorstandsmitglied für humanitäre Hilfe im entwicklungspolitischen Dachverband Venro, Anica Heinlein, in Berlin. Die Entscheidung gefährde die lebensnotwendige Versorgung von Millionen Menschen mit Essen, Unterkünften und medizinischer Versorgung. Venro appellierte an die deutsche Bundesregierung, sich für eine Aufhebung des Verbots einzusetzen.

Das Oberhaupt der Katholiken im Heiligen Land, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, hält das israelische Vorgehen gegen das Palästinenserhilfswerk für nicht akzeptabel. Gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sprach der Lateinische Patriarch von Jerusalem von einer “Kollektivstrafe”, um die Palästinenser zu demütigen. Zwar sei eine Umstrukturierung von UNRWA erforderlich, jedoch verschlimmere die neue israelische Gesetzgebung eine katastrophale Situation und werde “fürchterliche Folgen für eine bereits zu sehr geprüfte Bevölkerung haben”.

UNRWA ist zuständig für 5,7 Millionen palästinensische Geflüchtete in Nahost. Im Zusammenhang mit dem Hamasangriff vom 7. Oktober 2023 geriet das Hilfswerk unter Beschuss. Israel warf UNRWA vor, von Terroristen der Hamas unterwandert zu sein. Konkrete Anschuldigungen gegen zwölf Mitarbeiter ging das Hilfswerk nach und kam zu dem Schluss, dass neun von ihnen “möglicherweise in den Angriff” verwickelt waren.