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Imam Idriz: “Ermutigung, weiter Brücken zu bauen”

Für ihn ist es Ehre und Verpflichtung, für seine Kritiker eine Zumutung: Am Mittwoch (29. Oktober) soll der Penzberger Imam Benjamin Idriz mit dem Preis der FDP-nahen Thomas-Dehler-Stiftung ausgezeichnet werden. Er wird laut Stiftungs-Homepage an Personen vergeben, die sich unter anderem „im Kampf gegen Vorurteile, Intoleranz und Hass“ verdient gemacht haben. Genau das sprechen das „Linke Bündnis gegen Antisemitismus München“ und die „Deutsch-Israelische Gesellschaft München“ dem Theologen ab: Idriz lasse in seinen Äußerungen immer wieder ein klares Ja zum Existenzrecht Israels und eine glaubwürdige Haltung gegen Antisemitismus vermissen.

Stattdessen habe er in einem öffentlichen Schreiben zum 7. Oktober 2025, dem zweiten Jahrestag des Hamas-Anschlags auf Israel, durch unpassende Vergleiche „Juden für Antisemitismus verantwortlich“ gemacht und die israelische Regierung „mit einer mordenden Terrororganisation“ wie dem Islamischen Staat gleichgesetzt. Weil solche Äußerungen „zentrale Linien liberaler und aufklärerischer Politik untergraben“, solle Idriz „keinen Preis für Toleranz und Rechtsstaatlichkeit erhalten“.

Der Imam, der auch Vorsitzender des Münchner Forums für Islam (MFI) ist, hat diese Vorwürfe zurückgewiesen. Wenn er Kritik geäußert habe, so sei sie „ausdrücklich nicht gegen den Staat Israel oder gegen jüdische Menschen“ gerichtet gewesen, „sondern gegen die Kriegsführung der derzeitigen israelischen Regierung, die in Teilen von rechtsextremen Kräften geprägt ist“, schreibt Idriz auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Er habe auch Israel und den sogenannten Islamischen Staat „niemals gleichgesetzt“, sondern lediglich Gewalt und Zerstörung benannt: „Gewalt gegen Unschuldige bleibt Gewalt, egal, von welcher Seite sie ausgeht“, so der Imam.

Als Muslim und Imam habe er den Terror und die Gräueltaten der Hamas scharf verurteilt und bei vielen Gelegenheiten die Shoah „als beispielloses Menschheitsverbrechen“ bezeichnet, „dessen Erinnerung uns moralisch verpflichtet, allen Formen von Hass und Entmenschlichung entgegenzutreten“. Er lehne Antisemitismus entschieden ab, genauso wie Islamfeindlichkeit und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

Idriz bezeichnete sich selbst, aber auch die muslimischen Bürgerinnen und Bürger „in München, Penzberg und darüber hinaus“ als „verlässliche, unverzichtbare Partner im Dialog“, die man nicht umgehen könne: „Wir gehören zu dieser Gesellschaft und gestalten sie aktiv mit“, so der Imam. Der Thomas-Dehler-Preis sei für ihn eine „Ermutigung, weiterhin Brücken zu bauen, Dialog zu fördern und mich für das friedliche Zusammenleben in Deutschland einzusetzen“.

Der Präsident der Thomas-Dehler-Stiftung, Thomas Hacker, sagte mit Blick auf die Preisvergabe dem epd, dass Idriz’ langjähriges Engagement als Brückenbauer in der Gesellschaft sowie sein Einsatz für einen aufgeklärten Islam, den interreligiösen Dialog und Versöhnung den Ausschlag für die Entscheidung gegeben hätten. Sofern Idriz Kritik an Israel geäußert habe, habe er Kritik an der israelischen Regierung geäußert, „Kritik, die auch von Teilen der Zivilgesellschaft in Israel geäußert wird“, sagte Hacker. Die Stiftung teile den Vorwurf der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nicht, dass Idriz sich nicht deutlich genug gegen Antisemitismus wende: Der Imam habe Antisemitismus immer verurteilt und wiederholt als „unislamisch“ bezeichnet.

Die bayerische Thomas-Dehler-Stiftung, eng verbunden mit der bundesweit tätigen Friedrich-Naumann-Stiftung, verleiht ihren nicht-dotierten Preis in unregelmäßigen Abständen. Die letzte Preisträgerin war im Jahr 2024 die Historikerin Mirjam Zadoff, Leiterin des Münchner NS-Dokumentationszentrums. (3353/27.10.2025)