Christen waren im Sommer 2014 im Irak die ersten Opfer systematischer Vertreibung durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“. Vor einem Jahr noch sagten viele Flüchtlinge im Nordirak, sie warteten ungeduldig darauf, dass Mossul und Karakosch befreit würden, damit sie zurückkehren und ihre Häuser aufbauen könnten. Sie hofften, schon zu Weihnachten 2015 wieder die Glocken in ihren Kirchen zu läuten. Ihr Wunsch hat sich bis heute nicht erfüllt. Ihre Lage beschreibt Emanuel Youkhana, Pater im Nordirak, Erzdiakon der Assyrischen Kirche und Direktor der größten christlichen Hilfsorganisation Capni im Irak.
„Im Dezember, wenn die Erde nicht blüht, hat sich Gott entschieden, die Welt zu erneuern, indem die Jungfrau Maria Jesus geboren hat.“
Diese sehr alte Liturgie der Kirche des Ostens (Church of the East) zeigt, dass der Herr Wunder vollbringen kann. Zu einem Zeitpunkt, an dem Hoffnung und Leben zerschlagen sind, gibt Gott Hoffnung. Gott erneuert das Leben durch die gesegneten Eierstöcke, die die Frucht der Früchte geben in einer Krippe in einer Höhle.
Damit heißt die Östliche Kirche (Eastern Church) Weihnachten willkommen in dem Vertrauen, Hoffnung in den heutigen Zeiten zu finden. Diese Zeiten sind geprägt von Zerstörung, Tod, Vertreibung. Und das seit vielen Jahren.
Weihnachten ist mehr als eine Erinnerung und ein historisches Fest. Weihnachten ist mehr als Liturgie und fröhliche Lieder, die die Geburt des Kindes von Bethlehem feiern. Weihnachten ist der Ausgangspunkt für das gemeinsame Leben mit Jesus und für unsere himmlische Erlösung. Für die Krippe ist das geborene Kind in Bethlehem der König der Könige, der siegreich über den Tod hinaus war.
Wir Östlichen Christen (Eastern Christians) glauben an die zwölf Weisen. In der Tradition unserer Kirche folgten sie dem Stern nach Bethlehem, um Gott zu verehren. Das Kind in der Krippe ist für uns Christen der König der Könige. Die zwölf Weisen kamen zu ihm in dem Vertrauen, sich von ihrer Last und ihren Sorgen zu entsagen. Das Kind gab ihnen Mut. „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohl gefallen, euch das Reich zu geben“ (Lukas 12, 32).
Dieses Neugeborene in der armen Familie heilte Kranke, nährte Hungrige und gab den Unglückseligen Hoffnung. Unsere Freude über die Geburt des Kindes spiegelt auch unsere Freude wider, den Tod zu besiegen. Die Wiederauferstehung gewährt uns allen Hoffnung und Leben.
Die irakischen Christen feiern zum dritten Mal Weihnachten in Flüchtlingslagern und Gottesdienste in Baracken. Unser Glaube speist sich aus der Hoffnung auf Wiederauferstehung. Wir vertrauen darauf, diese Hürden zu überwältigen. Also, lasst uns jubeln über seine Geburt. Wir leben in ihm – durch seine Flucht, seine Rückkehr und seinen Sieg.
Wir leben das Leben der Heiligen Familie. Wir sind verfolgt und gezeichnet genauso, wie die Heilige Familie es war. Sie flüchteten nach Ägypten. Wir sind heute Flüchtlinge und Migranten, die Schutz suchen, wo immer auch möglich.
Der Herr versorgte durch die Fürsorge Gottes die Heilige Familie mit einer warmen Unterkunft. So suchen auch wir eine sichere Zuflucht heute. Die Heilige Familie wurden von Fremden unterstützt. Und so erreicht auch uns heute in überwältigender Weise Hilfe von fremden Menschen. Die Heilige Familie erhielt Hilfe, die es dem Herrn ermöglichte, seinen Ruf zu erfüllen. Wir suchen die Möglichkeit, unsere Traditionen am Leben zu erhalten in dem Land unserer Vorfahren. Um dort zu bleiben, wo das Christentum seit dem ersten Jahrhundert von Christus blüht. Die Existenz der Heiligen Familie bleibt in uns.
Vertreibung ist nicht das Ende. Vielmehr der Anfang, eine Botschaft und ein neuer Gottesdienst.
Jesus, der Flüchtling, kehrte aus Ägypten zurück, um seinem Ruf zu folgen. Und so hoffen auch wir Christen zu unseren Wurzeln zurückzukehren, zu unseren Häusern, Städten und Dörfern, dort wo uns der Herr haben wollte, um seine Zeugen zu sein. Und dort, wo er will, dass wir seine Botschaft verbreiten. Die Botschaft von Liebe und Frieden.
Die Christen des Ostens waren für 2000 Jahre ein Reichtum für das Land, aus dem sie kommen. Ihr Weiterleben und ihre Rolle in der Region ist heute wichtiger als je zuvor. Denn die Mauern und Abstände zwischen den Gemeinschaften in unserem Land werden immer höher und weiter. In dieser Zeit wird das Christentum mehr denn je gebraucht – um Brücken zu bauen, um fortzubestehen.