Hilfsorganisationen für Geflüchtete haben einen Abschiebestopp in den Irak gefordert. Das arabische Land sei auch zehn Jahre nach dem Völkermord an den Jesiden ein Land mit Gefährdungen durch Armut und Arbeitslosigkeit, aber auch durch Terroranschläge und Gewalt, erklärten die bundesweite Online-Beratungsstelle @pena.ger und das Netzwerk gegen Abschiebung Hannover am Wochenende in Hannover. Vor allem im Nordirak seien viele Menschen bedroht.
In Hannover demonstrierten am Sonnabend in Hannover nach Polizeiangaben rund 200 Menschen gegen Abschiebungen in den Irak und einen Rechtsruck in der Gesellschaft. Sie folgten damit einem Aufruf der beiden Initiativen. Durch das Erstarken der politischen Rechten und die aufgeheizte Asyldebatte nehme die Zahl der Abschiebungen in Deutschland zu, hieß es bei einer Kundgebung: „Hinter diesen Zahlen stehen jedoch immer Menschenleben.“ Um die Zahl der Abschiebungen zu steigern, würden Freundschaften zerrissen und Leben zerstört. Die Demonstration verlief laut Polizei ohne Zwischenfälle.
Die Kritik der Initiativen richtete sich insbesondere gegen eine Sammelabschiebung, die Mitte Februar vom Flughafen Hannover-Langenhagen aus stattfand. Dabei waren 47 ausreisepflichtige Menschen aus zehn Bundesländern mit einem Charterflug in den Irak gebracht worden, darunter 16 aus Niedersachsen. Nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums waren unter den Abgeschobenen sieben Straftäter.
Die Hilfsorganisationen kritisierten die Abschiebung als „reines Wahlkampfmanöver auf Kosten der Menschen“. Unter den Abgeschobenen seien auch Jesiden gewesen, die während des Völkermords durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) Familienmitglieder verloren hätten und sich in Deutschland ein neues Leben aufgebaut hätten. Sie müssten zurückgeholt werden. Die Abschiebungen seien so kurzfristig erfolgt, dass eine rechtliche Intervention nicht mehr möglich gewesen sei.
Die nächste Sammelabschiebung in den Irak sei bereits für den 4. März geplant, erklärten die Initiativen. Das Netzwerk gegen Abschiebung werde dann am Flughafen Hannover erneut gegen die Aktion protestieren. Trotz der militärischen Niederlage der Terrormiliz IS bleibe der Irak für Jesidinnen und Jesiden unsicher. Korruption und Islamismus prägten dort das politische System.