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Hessischer Flüchtlingsrat kritisiert Eckpunkte-Papier von CDU und SPD

Der Hessische Flüchtlingsrat ist „entsetzt“ über Positionen, auf die sich die Spitzen der hessischen CDU und SPD für eine mögliche Regierungskoalition geeinigt haben. Dass der Migration und dem Umgang mit Geflüchteten in einem gemeinsamen Eckpunkte-Papier der beiden Parteien schon vor den Koalitionsverhandlungen „so große Bedeutung, auch in dieser Schärfe, beigemessen worden ist, erfüllt uns mit großer Sorge“, sagte der Geschäftsführer des Flüchtlingsrates, Timmo Scherenberg, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag.

In dem Papier heißt es unter anderen, dass eine Zuweisung von Geflüchteten in Kommunen nur bei Personen mit Bleibeperspektive erfolgen solle. Laut Scherenberg sei es aber „völlig kontraproduktiv“, Geflüchtete über einen längeren Zeitraum etwa in Erstaufnahmeeinrichtungen zu halten. Bis zu 18 Monate lang dürften Personen dort bleiben, was „verschwendete Integrationszeit“ sei. Außerdem habe „die übergroße Mehrzahl der Leute eine Bleibeperspektive, wenn man sich die Anerkennungszahlen anschaut“, sagte Scherenberg. Offen sei auch, wie genau Personen ohne Bleibeperspektive identifiziert werden sollten.

Laut Eckpunkte-Papier wollen CDU und SPD anstreben, „dass Geflüchtete keine monetäre Auszahlung mehr erhalten“. Stattdessen wollen die Parteien „konsequent auf Bezahlkarten und Sachleistungen umstellen. Scherenberg kritisierte die “stigmatisierende Wirkung„ von Bezahlkarten und betonte, dass man die Zahl der ankommenden Geflüchteten damit “nicht in irgendeiner Weise„ werde begrenzen können. Bezüglich einer Wohnsitzauflage beziehungsweise Residenzpflicht, die laut Eckpunkte-Papier ebenfalls eingeführt werden soll, sagte Scherenberg: “Sowohl für Asylsuchende als auch für Anerkannte haben wir bereits eine gesetzliche Wohnsitzauflage.”

In Hessen gelte diese sogar auf Kreis- und nicht nur auf Landesebene. „Es gibt Studien vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die sagen, dass sich die Wohnsitzauflage kontraproduktiv auf die Arbeitsaufnahme der Menschen auswirke“, sagte der Geschäftsführer. „Die Leute werden da gehalten, wo sie nicht sein wollen. Wir haben Hunderte Leute in Frankfurt, die anerkannt sind, aber noch in Unterkünften leben, weil sie wegen der Auflage nicht aus der Stadt herauskommen.“

Laut Eckpunkte-Papier sollen außerdem verpflichtende Deutschkurse und Rechtsstaatsklassen eingeführt werden. Scherenberg begrüßte das „Deutschlernen von Anfang an“ und den Ausbau der Kapazitäten für Deutsch- und Integrationskurse. Das Problem sei aktuell jedoch nicht, dass Menschen diese Kurse nicht belegen wollten, sondern dass die vorhandenen Kapazitäten nicht ausreichen würden. Angesichts des Mangels an Personal und Räumlichkeiten glaube er deshalb nicht, dass solche Kurse „verpflichtend für alle“ werden könnten.