Im Video sitzt eine junge, fröhliche Frau mit blonden Locken auf ihrer Couch mit einer Schale Erdbeeren und einer Tasse Kaffee. Die junge Frau ist die 20-jährige Münsteraner Medizinstudentin Jana Highholder, die die Fragen ihrer Follower beantwortet: Es geht um alternative Medizin und um die beste Lerntaktik. Dann spricht Jana plötzlich über ihren Glauben, und es fallen Sätze wie: „Christ sein bedeutet nicht, ich verstecke mich in meinen vier Wänden und bete den ganzen Tag“ und „Ich möchte nicht weltfremd sein“.
Mit „Jana“ will die Kirche junge Menschen erreichen
Highholder ist das Gesicht des Youtube-Kanals „Jana“. Der Kanal ist Teil der Medienstrategie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). In einer Zeit, in der die Reform der Kirche auch an ihrem Fortschritt in der digitalen Kommunikation gemessen wird, scheint es geboten, junge Menschen im Netz besser zu erreichen.
Ziel war es, Highholder zur christlichen Influencerin zu machen. Die 20-Jährige wirbt nicht für Lifestyle-Produkte – sondern für eine gute Beziehung zu Gott. Bei dem Projekt sei es nicht darum gegangen, einen „Kirchenkanal“ zu etablieren, sagt Thomas Dörken-Kucharz, einer der Verantwortlichen des Kanals. „Wir wollten ausprobieren, ob Glaube als Thema in den sozialen Medien funktioniert – verbunden mit einer Person, die dafür einsteht.“
Vor einem Jahr startete das Experiment. Mittlerweile hat „Jana“ 14 000 Abonnenten. Ursprünglich sollte das Projekt ein Jahr lang finanziert werden. Jüngst hat die EKD beschlossen, dass „Jana“ mindestens bis Ende 2019 weitere Inhalte liefern soll. Daneben soll ein Konzept entstehen, um weiteren christlichen Influencern eine Plattform zu bieten.
Verantwortlich für die Inhalte sind im Auftrag der EKD das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) und die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej). Beide Organisationen reden bei der redaktionellen Gestaltung und Auswahl der Themen mit. Sie sehen Jana als Erfolg. Die rund 120 Videos erreichen laut den Machern mehr Menschen als erwartet. Über eine halbe Million Mal wurden die Videos bislang angesehen. Zahlen dazu, was der Kanal kostet, will die EKD nicht veröffentlichen.
Highholder, die für ihre Videos ein Honorar erhält, versteht sich selbst als Künstlerin. Ihre Texte und Gedichte handeln von ihrem Glauben. Bibeltreu und fromm, aber gleichzeitig mitten im Leben und manchmal frech – Highholder ist eine Vertreterin der „Generation Lobpreis“. Sie gehört zur Gruppe hochreligiöser Jugendlicher, in deren Alltag der Glaube einen hohen Stellenwert einnimmt, die regelmäßig beten, in der Bibel lesen und Lobpreis-Musik hören – aber kaum Anbindung an kirchliche Institutionen haben.
Einige von Highholders Auffassungen rufen Kritik hervor. Auf ihrem Instagram-Kanal spricht sie sich gegen Sex vor der Ehe aus. Nach der Veröffentlichung eines Youtube-Videos zur Rolle der Frau in Bibel und Christentum wurde Highholder vorgeworfen, ein einseitiges Frauenbild zu vertreten. Sie hatte in Anlehnung an ein Bibelzitat die Rolle des Mannes als Oberhaupt der Familie befürwortet. In christlichen Medien entstand danach eine Debatte, ob es richtig ist, dass die EKD einen Kanal finanziert, der jungen Zuschauern ein eingeschränktes Familienbild vermittelt.