Der Landauer katholische Theologe Wolfgang Pauly (70) plädiert dafür, den Gottesbegriff durch ein gutes Miteinander mit anderen Menschen neu mit Leben zu füllen. Für viele Menschen sei „Gott“ zum Fremdwort geworden, sagte der emeritierte Theologe in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der belastete Begriff „Gott“ könne für aufgeklärte Menschen nur wieder bedeutsam werden, wenn er seine „Lebenstauglichkeit in der Praxis“ erweise. Dies ist eine Kernthese von Paulys neuem Buch „Der über-flüssige Gott – Die Lebenstauglichkeit eines fragwürdigen Wortes.“
Gott sei weder eine durch Glaubenssätze vorgegebene Wirklichkeit, noch eine Projektion des Menschen, machte Pauly deutlich, der auch Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau ist. Vielmehr beschreibe das Wort Gott die Hoffnung des Menschen, „dass sein eigenes Leben und das Leben anderer gemeinsam sinnvoll werden könnten“. Grundvoraussetzung dafür sei die Bereitschaft, mit anderen Menschen in einen offenen Austausch zu treten. Dadurch öffneten sich geistige und kommunikative Räume, die schließlich zu einer weltweiten Humanität und einem gerechten Frieden beitragen könnten.
Die Rolle der Kirchen müsse auf jene eines „Hilfsmittels“ reduziert sein, das in einem „herrschaftsfreien synodalen Prozess“ die Vielfalt von Glaubensüberzeugungen fördere, sagte Pauly, der im saarländischen Sulzbach geboren wurde. Im weltweiten Dialog mit anderen Religionen und Kulturen könne so „eine postkoloniale theologische Wissenschaft“ entstehen.
In seiner „Theologie von unten“ kritisiert Pauly, dass die revolutionäre biblische Botschaft von der Liebe Gottes zu den Menschen philosophisch überlagert und häufig von Kirchen und Staaten als politisches Machtmittel missbraucht worden sei. Gott sei für viele Menschen „überflüssig“ für ihre praktische Lebensgestaltung geworden, sie hätten sich abgewendet.
Gott werde aber wieder relevant, wenn es gelinge, „die Glaubensaussagen von Menschen aus unterschiedlichen Religionen und Kulturen in die Lebenswirklichkeit heutiger Menschen zu übersetzen“, sagte Pauly. Dafür müssten Glaubende „als emanzipierte Subjekte in einer pluralen Lebenswelt ernst genommen“ werden und ihre Lebenserfahrungen einbringen können. Auch die Perspektiven von Menschen, die geistig bevormundet, sozial ausgegrenzt und wirtschaftlich ausgebeutet worden seien, müssten einfließen können.