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Glory, Glory Halleluja! – Trump, der Retter, ist da

Donald Trumps zweite Amtseinführung war eine Inszenierung göttlicher Auserwähltheit, die politische und religiöse Grenzen sprengt. Kritiker warnen vor Gefahren für die Demokratie.

“Glory, Glory, Halleluja!” (“Rühmt ihn, rühmt ihn, Halleluja!”) schallte es am Montag durch das Kapitol in Washington. Gerade war Donald Trump als 47. Präsident der USA vereidigt worden. Pathos, salbungsvolle Worte und religiöser Kitsch gehören seit eh und je zum Standardrepertoire von US-Veranstaltungen. Doch die Vereidigung zu Trumps zweiter Präsidentschaft stellte mit ihrer Rhetorik vieles in den Schatten.

Die christlichen Würdenträger scheuten sich nicht, Trump und seinen Vizepräsidenten J. D. Vance mit Figuren der jüdisch-christlichen Heilsgeschichte wie Moses, König Salomo und anderen gleichzusetzen. Sowohl die evangelikalen Pastoren Franklin Graham und Lorenzo Sewell als auch der katholische Priester Frank Mann bekundeten in ihren Gebets- und Segenstexten am Montag ihre Überzeugung, Trump sei ein von Gott erwählter und eingesetzter Retter des amerikanischen Volkes.

Dieses Narrativ wurde mit Verweis auf das Trump-Attentat am 13. Juli 2024 untermauert. So sprach Prediger Sewell von einem “Millimeter-Wunder” für Trump, der nun als göttliches Werkzeug die USA leiten und führen werde. Graham erklärte flankierend, Gott allein habe Trumps Leben gerettet und ihn für sein Amt gestärkt. Nach vier Jahren der Dunkelheit werde Gott nun mit Trump das Blatt wenden, so Graham.

Diese starke politische Positionierung im Rahmen von Gebeten kritisiert der deutsche Theologe und USA-Experte Benjamin Dahlke im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) scharf: “Das war nicht erforderlich – und nicht angemessen.” In den Gebeten werde das Wohlergehen der USA an die Bindung Gottes geknüpft. Das schließe andere Welt- und Glaubensanschauungen aus, so Dahlke. Gefährlich für eine liberale Demokratie nennt der Geistliche das.

Dass dieser Eindruck gewollt ist, zeigt auch die Auswahl der geistlichen Würdenträger. Während neben den beiden evangelikalen Predigern Graham und Sewell die katholische Kirche mit dem Erzbischof von New York, Kardinal Timothy Dolan, und dem Priester Frank Mann aus Brooklyn stark repräsentiert war, betrat ansonsten nur ein weiterer Religionsvertreter die Bühne: Rabbi Ari Berman. Sein Segensgebet kann wohl als das unaufgeregteste des Abends bezeichnet werden.

Dass das Fehlen weiterer Religionsvertreter sicher kein Versehen war, zeigt schließlich Sewels Aufsehen erregender Lobpreis gegen Ende der Feier. Während der Prediger darin explizit verschiedene christliche Kirchen aufzählte und das Judentum zum Lobpreis Gottes für Trumps Präsidentschaft anrief, subsumierte er alle bisher nicht Genannten wörtlich als “Nicht-Juden”.

Auch diese Schwerpunktsetzung kritisiert der Theologe Dahlke: “Ich hatte nicht den Eindruck, dass Muslime, Hindus und Buddhisten, von denen es immerhin auch viele gibt, angemessen berücksichtigt wurden.” Durchgehend seien die USA bei der Vereidigung als ein christliches, auf Gott vertrauendes Land vorgestellt worden. “Dabei wächst die Zahl der Konfessions- und Religionslosen immer stärker.”

Und Trump? Er gefällt sich in der Rolle des Retters und Erlöser und reklamiert sie in seiner Antrittsrede explizit für sich. “Ich wurde von Gott gerettet, um Amerika wieder großartig zu machen”, rief er in den Saal. Und: “Mein stolzestes Vermächtnis wird das eines Stifters von Frieden und Einheit sein.” Attribute, die in der christlichen Bildsprache traditionell dem Sohn Gottes, Jesus Christus, und in der jüdischen Tradition dem Messias, also dem Gesalbten Gottes, zukommen.

Die in den USA lehrende Theologin Hille Haker sagte der KNA dazu: “Trump erinnert in seiner Rede an den Anschlag auf ihn und äußert die Überzeugung, dass Gott ihn gerettet habe, um Amerika wieder groß zu machen.” Er identifiziere sich geradezu vollständig mit der Rolle des amerikanischen Retters. Seine Aufgabe sei es, so Haker, “Amerika aus dem weitgehend von ihm erfundenen Elend der Biden-Präsidentschaft” zu befreien.

Nun bestehe die Gefahr, dass Trump seiner Autosuggestion erliege, nur mit ihm könne das Land seinem von Gott gewollten Führungsanspruch gerecht werden, so Haker weiter. Doch mit einer solchen Inszenierung seines Herrschaftsanspruchs werde er letztlich zum Gegner der christlichen Botschaft. Die Theologin rief Gläubige auf, die so inszenierte und proklamierte Ermächtigung nicht unkommentiert zu lassen.

Bei aller religiösen Inszenierung unterlief Trump jedoch ausgerechnet im entscheidenden Moment ein Fauxpas: Bei der Vereidigung vergaß er, seine linke Hand auf die beiden Bibeln zu legen. Gültig ist der Amtseid damit aber trotzdem.