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Nun ist Schluss: Katholischer Bischof Fürst tritt Ruhestand an

Nach 23 Jahren geht der dienstälteste katholische Bischof in Deutschland, Gebhard Fürst, in den Ruhestand. Württemberg hat ihn sein Leben lang geprägt. In Lebensschutz-Fragen war er kompromisslos.

Nach 23 Jahren geht der dienstälteste katholische Bischof in Deutschland, Gebhard Fürst, in den Ruhestand
Nach 23 Jahren geht der dienstälteste katholische Bischof in Deutschland, Gebhard Fürst, in den RuhestandImago / Ulmer/Teamfoto

Nun ist Schluss, und zwar exakt an seinem 75. Geburtstag: An diesem Samstag (2.12.) wird Gebhard Fürst als Bischof aus seiner Diözese Rottenburg-Stuttgart mit ihren rund 1,7 Millionen Mitgliedern verabschiedet. Der Papst hat das kirchenrechtlich vorgeschriebene Rücktrittsgesuch des leitenden Geistlichen vor wenigen Tagen angenommen. Nach 23 Jahren geht der dienstälteste katholische Bischof Deutschlands in den Ruhestand.

Württemberg hat den 1948 in Bietigheim bei Ludwigsburg geborenen Fürst sein Leben lang geprägt. Lediglich sein Theologiestudium bescherte ihm eine Auslandszeit in Wien. Er wurde Priester, übernahm Dozentenaufgaben in Tübingen, promovierte vergleichsweise spät 1987 in Fundamentaltheologie. Im Jahr zuvor war er Direktor der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart geworden.

Der Bischofstuhl im Rottenburger Dom, noch mit dem Wappen des scheidenden Bischof Dr. Gebhard Fürst
Der Bischofstuhl im Rottenburger Dom, noch mit dem Wappen des scheidenden Bischof Dr. Gebhard FürstImago / ULMER Pressebildagentur

Kirchliche Akademien standen und stehen im Ruf der Weltoffenheit und Liberalität – auch zu Fürsts Direktorenzeiten. Ausgerechnet er sah es 2011 als Bischof als seine Aufgabe an, eine Akademie-Tagung in Stuttgart-Hohenheim zu verbieten, die sich kritisch mit der katholischen Sexualmoral befassen wollte. Er argumentierte, der Zusammensetzung der Referentenliste habe es an Ausgewogenheit gemangelt. Für die Akademieleitung war dieser Eingriff ein klarer Affront.

Als Theologe spielte Fürst auf Bundesebene mit. So gehörte er 2001 bis 2005 dem Nationalen Ethikrat an, um dort die katholische Kirche zu vertreten. In Fragen des Lebensschutzes ging der Bischof keine Kompromisse ein. Gegen Abtreibung positionierte er sich regelmäßig – zuletzt gemeinsam mit dem Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl, mit einem Appell, am Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch festzuhalten.

Kritik für seine Vorbehalte gegen Stammzellenforschung

Die Forschung an Stammzellen von Embryonen verwirft er und zog einen Vergleich zu medizinischen Experimenten der Nationalsozialisten, was ihm scharfe Kritik eintrug. Auch gegen Bluttests für Schwangere zum Erkennen möglicher Behinderungen des ungeborenen Kindes hat er Vorbehalte, weil hier „bereits im Mutterleib ausgesondert“ werde.

Zu seinen vielen Mitgliedschaften und Ämtern gehörte der Vorsitz in der Publizistischen Kommission der katholischen Deutschen Bischofskonferenz – er war also der bundesweite Medienbischof der Katholiken. Auch lokale Dispute warfen ihre Schatten bis nach Rottenburg. So stand Fürst in der Kritik, weil er ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten in Ravensburg untersagte. Hier rang der Liberale mit dem Konservativen. Als Bischof musste er auf die Einhaltung der katholischen Lehre achten. An anderen Stellen hat er allerdings deutlich gemacht, dass er sich erweiternde Abendmahlsregeln etwa für konfessionsverschiedene Ehepaare, aber auch für wiederverheiratete Geschiedene wünscht.

Fürst denkt ökumenisch

Fürst denkt ohnehin ökumenisch. Mit dem früheren württembergischen Landesbischof Frank Otfried July verstand er sich blendend, die guten Beziehungen gingen mit seinem Nachfolger Gohl nahtlos weiter. Ökumenische Gottesdienste der beiden Bischöfe hatten ihren festen Platz im Terminkalender.

Der baden-württembergische Ministerpräsident und leidenschaftliche Katholik Winfried Kretschmann (Grüne) lobt den scheidenden Bischof in hohen Tönen. Ob es um Frauen in Leitungsämtern, die Bewahrung der Schöpfung oder die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs geht – Fürst habe „jederzeit auf der Höhe der Zeit agiert“, sagte Kretschmann wenige Tage vor dem Abschiedsfest. Dass es zum Ende von Fürsts 23-jähriger Amtszeit einen „gewissen Niedergang“ der katholischen Kirche in Deutschland gebe – „da ist er sicher nicht dran schuld“, so der Ministerpräsident.

Als Christ hat Fürst auch das Sterben und die Hoffnung auf die Auferstehung im Blick. Was er am Tag seiner Beerdigung auf keinen Fall hören wolle: „Der hat uns ja nur beherrscht und bevormundet.“