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Für den sozialen Haushalt viel erreicht

Der Berliner Doppelhaushalt 2022/2023 hat auch Auswirkungen auf die Arbeit der Diakonie in der Hauptstadt. Einige Entwicklungen, ­angestoßen in Verhandlungen mit Abgeordneten, Politikern und der Verwaltung, seien recht erfreulich. Das sagt Andrea Asch, Vorständin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

Von Uli Schulte Döinghaus

Am vergangenen Donnerstag, 23. Juni, hat das Abgeordnetenhaus Berlin den sogenannten Doppelhaushalt 2022/2023 beschlossen. In diesem Jahr will die Berliner Zentralregierung (Senat) rund 39 Milliarden Euro ausgeben, im nächsten Jahr sollen es rund 38 Milliarden Euro sein. Die Inflation sorgt dafür, dass rund 1,5 Milliarden Euro Steuern mehr als sonst jährlich zur Verfügung stehen. Hinzu kommen mehr Bundeszuschüsse, die coronabedingt sind und mit den Folgen des Kriegs in der Ukraine zu tun haben. 

Rund 14 Prozent (10,3 Milliarden Euro) werden für Bildung und Jugend bereitgestellt werden, 9 Prozent (6,8 Milliarden) für Gesundheit und 4 Prozent (3,1 Milliarden) für Wissenschaft. 28 Prozent (20,3 Milliarden) reicht der Finanzsenator an die Berliner Bezirke weiter. 

10 Prozent der Kitas in evangelischer Trägerschaft

Traditionsgemäß werden in ­Berlin zahl­reiche Politikfelder von ­sozialen Trägern im Auftrag der ­öffentlichen Hand besorgt. So sind 8 von 10 Ber­liner Kitas in Trägerschaft freier und gemeinnütziger Initiativen, 10 Prozent aller Kindertagesstätten unter evangelischem Dach. 

In Berlin ist die Diakonie stark engagiert in frühkindlicher Bildung, Jugend- und Familienarbeit, Sozialberatung (zum Beispiel für Zugewanderte oder Flüchtlinge), Kranken-, Obdachlosenhilfe sowie in Hilfe für Menschen mit Behinderung. Der Dachverband „Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz“ (DWBO) vertritt rund 400 selbstständige Träger der Diakonie mit mehr als 1300 Einrichtungen und 52000 Beschäftigten. 

Einige der diakonischen Dienstleistungen für das Berliner Gemeinwesen sind gesetzlich verankert; ihre Finanzierung ist einigermaßen gesichert (zum Beispiel Pflege,  Krankenhauswesen, Hilfe für Menschen mit Behinderung, Erziehungshilfen). Über die Finanzierung anderer Dienstleistungen – im Fachjargon Zuwendungen – müssen die diakonischen Sozial- und Bildungsträger  immer wieder neu verhandeln.

Quantensprung für Familien

DWBO-Fachleute sorgen dafür, dass der Gesprächsfaden zu den Abgeordneten, Fachpolitikern und -beamten nicht abreißt. Mit Erfolg: Im Berliner 77-Milliarden-Euro-Doppelhaushalt sind einige Positionen zu finden, auf die DWBO-Vorständin Andrea Asch zufrieden verweist. Mehr Mittel stehen etwa für die Integrationsarbeit mit Zuwanderern und Flüchtlingen zur Verfügung.

Auch Beratungsleistungen sind jetzt auf stabilerem Untergrund: „Die Diakonie Berlin hat sich intensiv und erfolgreich für den Erhalt der Erziehungs- und Familienberatungsstellen eingesetzt. Sie waren durch seit Jahren steigende und nicht refinanzierte Sachkosten in ihrem Bestand bedroht. Für 2023 ­erfolgt nun sogar eine Ausweitung um 24 Stellen, was 2 Stellen pro ­Beratungseinrichtung entspricht.“ 

Knapp die Hälfte dieser 12 Einrichtungen wird von diakonischen Trägern organisiert. Die Nachfrage steigt, heißt es, auch weil Kinder aus einkommensschwachen Familien unter den Corona-Einschränkungen besonders gelitten haben. Es sei gerade jetzt eine Mammutaufgabe, diese Familien gut zu beraten, sagt DWBO-Vorständin Asch, die von einem „Quantensprung für Familien“ spricht. 

Offenbar spricht sich bei den ­verantwortlichen Haushalts- und ­Finanzpolitikern in Berlin herum, dass gute, einfach erreichbare Beratungs- und Unterstützungsdienste eine Investition in ­gesellschaftliche  Nachhaltigkeit sind. So hofft die Diakonie, dass auch in Kitas Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter vom Gemeinwesen bezahlt werden, die Familien in Problemlagen unterstützen und den Weg zu weiter­gehenden Hilfestrukturen bahnen.

Arbeit von Beratungsstellen abgesichert

Auch mit allgemeinen unabhängigen Sozialberatungstellen wollen diakonische Einrichtungen Menschen ­unterstützen, die Hilfe und Begleitung auf ihrem Weg durchs ­D­ickicht des Bürokratiedschungels benötigen. Dafür hat DWBO-Vorständin Asch im vergangenen Herbst auch bei Wahlkämpfern im Rennen um das Berliner Abgeordnetenhaus geworben – erfolgreich. „Diese allgemeinen, unabhängigen Beratungsstellen sind jetzt erstmals finanziell abgesichert“, sagt Andrea Asch. Auch hier wird anerkannt, dass die Beratungsstellen (angesiedelt in der Nähe von Sozialämtern) neutral und niederschwellig informieren – jeder kann jederzeit kommen. Zufriedenes Fazit der Diakonie-Verantwort­lichen: „Wir stellen immer wieder fest, dass der Austausch mit der Berliner Politik und Verwaltung von einer besonderen Verlässlichkeit und Offenheit geprägt ist. In zahl­reichen Gesprächen haben wir unser Knowhow einbringen und vieles für einen sozialen Haushalt erreichen können. Wir sind eben sehr nah dran an den Notlagen der Menschen.“ 

Eine ganze Reihe von Forderungen ist nach wie vor unerfüllt, etwa die Gleichstellung von diakonischen Kitas zu denen in der Trägerschaft des Landesbetriebes, wenn es um Neu-, Um- oder Anbauten geht. Schon sind wegen der hohen Baukosten Neu- und Ausbauprojekte ins Stocken geraten. Ähnlich benach­teiligt fühlen sich kirchliche Krankenhausträger gegenüber ihren städtischen Mitbewerbern, die sich im Zweifel auf Eigenkapitalerhöhungen und Fehlbetragsausgleiche durchs Land Berlin verlassen können. Die evangelischen Kranken­häuser drängen auf eine nachträg­liche Anpassung, die alle Träger in gleicher Form berücksichtigt, heißt es in einer Pressemeldung der DWBO.