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Frank Zander über seine Weihnachtsfeier: “Dann kommen mir die Tränen”

Am Samstag lädt Entertainer Frank Zander Obdachlose ins Berliner Hotel Estrel zur Weihnachtsfeier. Im Interview spricht der 82-Jährige über die Anfänge vor 30 Jahren und Tränen der Rührung.

Frank Zander tischt im Berliner Hotel Estrel wieder für Obdachlose auf
Frank Zander tischt im Berliner Hotel Estrel wieder für Obdachlose aufImgo / Future Image

Herr Zander, am 21. Dezember findet zum 30. Mal Ihre Weihnachtsfeier für Obdachlose und Bedürftige in Berlin statt. Wie laufen die Vorbereitungen?
Frank Zander: Zuerst mal möchte ich betonen, dass wir wirklich dankbar sind, unsere Feier auch dieses Jahr wieder im Estrel, dem größten Hotel Europas, ausrichten zu dürfen. Am 21. Dezember 2024 werden wir mit ungefähr 2.500 Gästen, Freunden und vielen prominenten Helfern unser 30. Weihnachtsfest für Obdachlose und Bedürftige veranstalten. Herzlichen Dank an die Familie Streletzki, die uns das ermöglicht. Die ganze Organisation der Weihnachtsfeier habe ich hauptsächlich in die Hände meines Sohnes und seines Teams gelegt. Die Vorbereitungen laufen seit August, und wir haben wieder tolle Resonanzen. Als wir den Aufruf zum Mithelfen gestartet haben, wurden wir fast überrannt.

Wie fing es damals mit der Weihnachtsfeier an? Was hat Sie zu der Idee motiviert? Hatten Sie immer schon eine soziale Ader?
1995 kam die Idee von meiner damaligen Plattenfirma, denn Bruce Springsteen hatte für sein neues Album neben der normalen Presse auch arme Menschen eingeladen. Das wollte ich auch machen und habe schnell gemerkt, dass Werbung auf dem Rücken der Armen keine gute Idee ist. Also haben wir das sein gelassen und einfach nur bedürftige und arme Menschen zum Weihnachtsessen eingeladen. Es kamen damals ungefähr 300 Gäste nach Diedersdorf bei Berlin, und ich war sehr gerührt, denn die Menschen haben uns vertraut.

Wie ging es weiter?
In den Jahren danach haben wir an der Idee festgehalten, und es kamen immer mehr. Wir suchten uns neue Veranstaltungsräume und durften dann seit 1997 im wunderbaren Hotel Estrel feiern. 2019 kamen 3.000 obdachlose und bedürftige Menschen, und es gab Geschenketaschen, Schlafsäcke, ein festliches Essen und ein tolles Bühnenprogramm.

 

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Dann kam Corona …
… und wir mussten umdenken. Drei Jahre sind wir in Berlin vor Weihnachten tagelang mit dem Caritas-Foodtruck unterwegs gewesen, verteilten Geschenke und warme Mahlzeiten. Wir haben die Leute sogar zu Lockdown-Zeiten nicht im Stich gelassen. Das waren echt schwere Zeiten für alle, aber gemeinsam haben wir das geschafft, da bin ich stolz drauf. Mittlerweile gibt es über 30 Städte in Deutschland, die eine ähnliche Weihnachtsfeier für Bedürftige organisieren und für die wir als Vorbild dienen.

Was waren besonders berührende und schöne Erlebnisse bei den Feiern in diesen Jahren?
Es sind eigentlich immer die Momente, wenn ich die Gäste an der Tür begrüße, jedem die Hand schüttle und manche auch in den Arm nehme. Man muss sich das vorstellen – da kommen wirklich arme Gestalten von der Straße in eines der schönsten Hotels Europas und werden herzlich am Eingang von mir, meiner Familie, von Engeln und applaudierenden Helferinnen und Helfern begrüßt. Da kommen mir auch schon mal die Tränen.

Verständlich.
Vor ein paar Jahren kam ein Mann auf mich zu und sagte, dass er es geschafft hat, von der Straße weg ist und nun einen Job und eine Wohnung hat. Die Einladung und die Teilnahme an unserem Fest war einer der ausschlaggebenden Momente, die ihm wieder Kraft und Zuversicht gegeben haben. Wenn man sowas hört, dann begreift man, wie wichtig es ist, die ärmsten Menschen respektvoll zu behandeln, denn nicht jeder hat eine starke Familie oder Glück im Leben.

Auch Prominente treten bei der Weihnachtsfeier auf, hier Geiger David Garrett im Dezember 2017
Auch Prominente treten bei der Weihnachtsfeier auf, hier Geiger David Garrett im Dezember 2017Imago / App-Photo

Wenn man heute durch Berlin geht oder mit der U-Bahn fährt, sieht man enorm viele Obdachlose und Bettler. Die großen Sozialverbände warnen, dass sie die Not allein nicht auffangen können, und bitten die Politiker um mehr Realismus. Was hält Sie in dieser Gesamtlage von Resignation ab?
Ich sehe natürlich auch die vielen armen Menschen, Bettler und Obdachlosen in der Stadt. Wir sind eben eine Weltstadt, hier konzentriert sich alles. Ich bin kein Politiker und habe auch keine schlauen Tipps, aber auch wenn sich die Lage zuspitzt, müssen wir menschlich bleiben. Ich sehe mich und meine Familie da als Vorbild. Uns geht es gut, also können wir auch was für die Stadt und die Menschen tun.

Was macht Ihre Feier mit den Helfern?
Unsere Weihnachtsfeier ist auch ein Zusammentreffen von zwei Welten. Es gibt einige meiner wohlhabenden Bekannten, die nach dieser Feier etwas umdenken und einige Vorurteile verlieren. Es sind einzelne Schicksale, und es kann jeden von uns treffen. Krankheit, Job futsch, Alkohol, Familie weg – tja, das geht schnell …

Was kann jeder Berliner tun, um in diesen schwierigen Zeiten der Menschlichkeit Chancen zu geben?
Den Menschen in die Augen schauen, ein Lächeln reicht oft aus. Wer mehr tun möchte, der kann sich bei den Sozialverbänden erkundigen und ehrenamtlich in seinem Kiez mithelfen.

Sie haben im Herbst mit dem Berliner Caritasverband ihre eigene Stiftung gegründet, unter deren Dach verschiedene soziale Projekte angegangen werden. Was gefällt Ihnen an der Caritas?
Mir gefallen die Menschen, mit denen wir zu tun haben. Während der Pandemie durften wir nicht ins Hotel, und da fragte uns die Caritas, ob wir den Caritas-Foodtruck unterstützen würden. Das war für uns die Rettung, denn wir sind dann drei Jahre zu Weihnachten mit dem Foodtruck durch die Stadt gefahren. In dieser intensiven Zeit haben wir das Team der Caritas richtig kennengelernt. Alle arbeiten mit viel Herzblut und Leidenschaft. Genau wie wir. Das gefällt mir. Im vergangenen Jahr haben sie uns dann wegen der Stiftung gefragt. Eigentlich wollte ich keine Stiftung, das war mir zu bürokratisch und klingt auch nach Steuervermeidung. Aber die Idee einer Gemeinschaftsstiftung war dann genau der richtige Weg.

Wie möchten Sie als Person in Erinnerung bleiben?
Ich möchte als echter Berliner mit Herz und Schnauze in Erinnerung bleiben. Klar hatte ich viele musikalische Hits, aber die sind vergänglich, genau wie die TV-Shows und die Tausenden Live-Auftritte. Ich würde mich freuen, wenn die Leute später mal sagen: Der Zander, der war in Ordnung, ‘n echtes Berliner Urgestein!