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Forscher: Müssen uns trauen, junge Menschen ernst zu nehmen

Um die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, sollten die jungen Menschen selbst um Rat gefragt werden, sagt der Politikwissenschaftler Jasper Mönning vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Er ist Mitautor einer Studie des Instituts, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Wüstenrot Stiftung, die zeigt, wie unterschiedlich die Teilhabemöglichkeiten in Deutschland sind. Die Studie, in der auch Kinder und Jugendliche zitiert werden, könne „eine Inspiration sein“, sagte Mönning dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin.

Entscheidungsträgerinnen und -träger „sollten sich trauen, Kinder und Jugendliche zu fragen und ihre Interessen ernst zu nehmen“, forderte der Wissenschaftler. „Kinder und Jugendliche machen einen immer kleineren Anteil der Bevölkerung aus – aber das bedeutet nicht, dass ihre Stimme leiser werden sollte, eher im Gegenteil“, mahnte Mölling. Die jungen Menschen bräuchten „das Signal, dass für sie eine Zukunft gebaut wird, an der sie mitbeteiligt sind“.

Mölling verwies auf die Erfahrungen aus der Recherche für die Studie, als die Autorinnen und Autoren Gespräche mit Kindern und Jugendlichen führten. „Wir wollten von ihnen wissen, wie es wirklich konkret vor Ort ist, wie sie das wahrnehmen“, sagte Mölling. „Das war häufig ein Aha-Erlebnis, weil wir gemerkt haben, Kinder und Jugendliche haben Lust, ihre Meinung kundzutun, und können das auch gut. Sie haben konkrete Ideen und möchten sich gerne einbringen.“

Ein großes Thema für junge Menschen sei beispielsweise Mobilität, sagte Mölling. „Die Kinder und Jugendlichen wollen selbstständig und sicher unterwegs sein. Außer in größeren Städten gebe es aber “keinen ausreichenden öffentlichen Nahverkehr abseits der Schulzeiten„. Auch sichere Radwege seien gewünscht worden. “Was nützt mir das schönste Angebot, wenn ich gar nicht hinkomme oder nur mit dem Auto, das einkommensschwache Familien oft nicht besitzen?”, fragte Mölling.

Er schilderte auch, was sich hinter abstrakten Zahlen zur Kinderarmut verbergen kann, die nicht nur die Teilhabe, sondern auch konkret den Bildungserfolg erschwere. „Es fängt etwa damit an, dass die Kinder zu Hause kein ruhiges Zimmer zum Lernen haben“, sagte Mölling. „Oft gibt es nicht einmal einen Schreibtisch. Ganz zu schweigen von einem Laptop. Das macht es einfach viel schwerer, sich gut um die Schule zu kümmern.“

Der Wissenschaftler berichtete von Gesprächen mit Sozialarbeiterinnen in einem Viertel von Wuppertal mit hoher Kinderarmut. Sie hätten von Angeboten per Videokonferenz in der Corona-Zeit berichtet. „Da wollten sie einmal Papierflieger bauen – aber es hatten einfach wenige von den Kindern Papier zu Hause.“