Nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts des rheinland-pfälzischen Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe 2021 am Freitag haben die Fraktionen von Regierung und Opposition ihre unterschiedlichen Positionen bekräftigt. Die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP heben vor allem das Versagen des ehemaligen Landrats von Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), hervor. Die Oppositionsfraktionen von CDU, AfD und Freien Wählern betonen die Verantwortung übergeordneter Behörden und der Landesregierung. Sie erneuerten ihre Forderung nach einer Entlassung oder einem Rücktritt des Umwelt-Staatssekretärs Erwin Manz (Grüne) und des Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleitungsdirektion, Thomas Linnertz.
Der Untersuchungsausschuss habe „die unzureichende Vorbereitung des Hochwassermanagements und des Katastrophenschutzes, die fehlende Kommunikationsbereitschaft und die eklatant unterbliebene Zusammenarbeit der rheinland-pfälzischen Behörden schonungslos offengelegt“, sagte der CDU-Abgeordnete und stellvertretende Ausschussvorsitzende Marcus Klein. Die CDU-Fraktion forderte die Entlassung von Manz und Linnertz. „Schwer zu ertragen“ sei auch „das laute Schweigen der ehemaligen Ministerpräsidentin“ Malu Dreyer (SPD). Jedoch hätten viele Hilfskräfte und freiwillige Helfer „bis zum Umfallen gekämpft“ und Menschenleben gerettet.
Auch der Obmann der AfD im Ausschuss, Jan Bollinger, forderte die Entlassung von Manz und Linnertz. Bollinger kritisierte, dass das Umweltministerium und seine nachgeordneten Behörden keinen Hochwasserrisikomanagement-Plan vorbereitet hätten. Die Bedrohungslage aufgrund der Wettervorhersage sei den Katastrophenschützern in den Kommunen nicht angemessen mitgeteilt worden. In der Katastrophe sei die Unterstützung der Kommunen durch übergeordnete Behörden und die Landesregierung unterblieben. „So blieben die Verantwortlichen vor Ort blind, erkannten die Katastrophe nicht rechtzeitig und warnten und evakuierten die Bevölkerung nicht wirksam.“
Die Obleute der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP betonten hingegen das Versagen des ehemaligen Landrats des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU). Er sei für die mangelnde Vorsorge für einen Katastrophenfall, die Abwesenheit in der akuten Notlage und die verspätete Warnung der Bevölkerung vor Ort verantwortlich. Außerdem sei die Flutkatastrophe „ein in seinen Ausmaßen und Abläufen singuläres und so nicht vorhersehbares Ereignis“ gewesen. Der Obmann Philipp Fernis (FDP) ergänzte, die Koalition habe Schlüsse aus der Aufarbeitung gezogen und ein neues Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz gegründet.
Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses umfasst 2.141 Seiten. „Die Flutkatastrophe vom 14. und 15. Juli 2021 ist die größte Naturkatastrophe, die unser Bundesland seit seiner Gründung am 30. August 1946 ereilt hat“, hält der Bericht fest. 136 Menschen hätten ihr Leben gelassen, viele weitere seien verletzt worden, unzählige hätten ihr Hab und Gut verloren. Die psychischen Belastungen hallten bis zum heutigen Tage und auch in der weiteren Zukunft nach. Diese Naturkatastrophe werde „für immer im kollektiven Gedächtnis unseres Landes bleiben“.
Der Untersuchungsausschuss war auf Antrag der Oppositionsfraktionen von CDU, AfD und Freien Wählern eingesetzt worden. Er tagte vom 1. Oktober 2021 bis zum Ende der Beweisaufnahme am 16. Februar und vernahm dabei 226 Zeugen und Zeuginnen und 23 Sachverständige. Der Abschlussbericht benennt vorrangig „massive Versäumnisse des Landkreises bzw. des damaligen Landrats des Kreises Ahrweiler“. Der Bericht betont allerdings auch, dass das Ereignis in seinem Ausmaß und seiner Einzigartigkeit „so gut wie unvorhersehbar“ gewesen sei. Der Bericht kann online auf der Landtagsdatenbank abgerufen werden.