Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein hat die am Freitag erfolgte Abschiebung von 28 Straftätern per Flugzeug nach Afghanistan verurteilt. „Mit diesem Flug hat Deutschland die Kooperationen mit den Taliban salonfähig gemacht, einem menschenrechtsverachtenden Regime, das zuletzt Mädchen und Frauen qua Gesetz aus dem öffentlichen Raum verbannt hat und Menschen willkürlich einsperrt, foltert und tötet“, erklärten der schleswig-holsteinische und weitere Landesflüchtlingsräte in einer gemeinsamen Mitteilung.
Deutschland hatte am Freitag erstmals seit der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban wieder Menschen nach Afghanistan abgeschoben. Die 28 afghanischen Staatsangehörigen wurden nach Kabul gebracht, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mitteilte. Es handele sich um verurteilte Straftäter, „die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen“. Die Bundesregierung unterhält derzeit keine offiziellen Beziehungen zu Afghanistan und hielt sich bedeckt zu Fragen danach, wie die Abschiebung praktisch möglich wurde.
Von den Landesflüchtlingsräten hieß es, es sei „anzunehmen, dass dieser Vollzug in Zusammenarbeit mit den Behörden in Katar, die selbst vielfältiger Menschenrechtsverletzungen beschuldigt werden, stattfand. Aber auch eine über Bande organisierte Abschiebung ist nicht ohne Kooperation mit dem islamistischen Regime der Taliban möglich.“
Die Flüchtlingsräte erklärten, keine Straftat rechtfertige in Deutschland das Abschieben von Menschen in Folter und unmenschliche Behandlung. Es handle sich hierbei um einen klaren Völker- und EU-Rechtsbruch sowie um eine unzulässige Doppelbestrafung. Auch Straftäterinnen und Straftäter müssten in Deutschland nach rechtsstaatlichen Prinzipien behandelt werden, das gehöre zu den Grundfesten des demokratischen Systems.
Regierungssprecher Hebestreit sagte, Deutschland habe regionale Schlüsselpartner um Unterstützung gebeten, um die Rückführung zu ermöglichen. Konkrete Länder oder vereinbarte Bedingungen der Abschiebungen benannte er nicht. Die Verhandlungen habe federführend das Kanzleramt geführt, sagte er. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts verwies auf „technische Kontakte“ nach Afghanistan, betonte aber, es gebe „keine Bemühungen zu einer Normalisierung der Beziehungen“.
Faeser hatte schon vor längerer Zeit angekündigt, Straftäter und Gefährder auch nach Afghanistan und Syrien abschieben zu wollen. Wegen des Wiedererstarkens der Taliban hatte die Vorgängerregierung Abschiebungen nach Afghanistan im Sommer 2021 ausgesetzt. Für Syrien gilt wegen des dortigen Krieges ein Abschiebestopp. Syrien und Afghanistan sind die Hauptherkunftsländer von Flüchtlingen in Deutschland.