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Flüchtlingsrat kritisiert Bremer Einigung zum Kirchenasyl

Bremens Innensenator und die evangelischen Kirchenleitungen haben sich im Streit um Kirchenasyl für Geflüchtete vorerst geeinigt. Kritik folgte umgehend vom Flüchtlingsrat. Die Betroffenen seien ausgeschlossen gewesen.

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) und Vertreter der evangelischen Kirche haben sich zum Streit um Kirchenasyl in der Hansestadt verständigt. Ein Treffen zwischen Mäurer und den Kirchenleitungen aus Bremen und Niedersachsen fand bereits am Dienstag statt, wie sie am Donnerstagabend mitteilten. Beide Seiten seien sich einig, am bewährten und auf einer bundesweiten Abmachung beruhenden Verfahren für Kirchenasyl festzuhalten, hieß es. Kritik daran kam am Freitag vom Flüchtlingsrat Bremen.

Das Gespräch sollte eine länger andauernde Debatte über das Kirchenasyl in Bremen beenden. Mäurer hatte der evangelischen Kirche vorgeworfen, zu vielen Menschen Kirchenasyl zu gewähren. Die evangelische Kirche hatte das zurückgewiesen und nannte die Flüchtlingspolitik das eigentliche Problem. Mit Kirchenasyl stünde sie Menschen in Notsituationen bei. Zum Streit war es gekommen, nachdem vor rund zwei Wochen die Behörden vergeblich versucht hatten, einen Somalier, der nach Finnland überstellt werden sollte, aus den Räumen einer Kirchengemeinde zu holen. Der Versuch scheiterte am Widerstand des Pastors und rund hundert Menschen, die sich spontan mit dem Somalier solidarisierten.

Laut der gemeinsamen Mitteilung werden für die Menschen, die aktuell in Kirchenasyl sind, bis Ende Januar keine Abschiebemaßnahmen vollstreckt. In der Zeit sollen weitere Klärungen erfolgen. Dazu gehört, feste Kriterien für “Härtefälle” und “unzumutbare Härten” abzustimmen und festzulegen.

Der Flüchtlingsrat Bremen kritisierte die Mitteilung. Es könne nicht von einer Einigung die Rede sein, da nicht alle Beteiligten des Konflikts am Tisch saßen. Die Menschen im Kirchenasyl sowie die Gemeinden und Bremerinnen und Bremer, die sie schützten und unterstützten, seien von den Gesprächen ausgeschlossen gewesen.

Außerdem kritisierte der Rat, dass “namentlich nicht genannte Kirchenleitungen” weitgehende Zugeständnisse versprochen hätten, die von den nicht eingeladenen Kirchengemeinden eingehalten und umgesetzt werden müssten. Eine Nachfrage bei der Bremischen Evangelischen Kirche zu der Kritik blieb bis zum Nachmittag unbeantwortet.

Laut der Mitteilung bekräftigte die staatliche Seite, kirchliche beziehungsweise sakrale Räume als geschützte Räume auch künftig zu akzeptieren. Außerdem sei der Innensenator bereit, direkt mit Gemeinden über das Kirchenasyl zu sprechen.

Die Kirchenleitungen versicherten, mit dem Instrument des Kirchenasyls achtsam umzugehen und es als Appell zu verstehen, “Einzelfälle mit besonderen humanitären Härten besonders zu überprüfen”. Die Kirchen verfolgten mit dem Kirchenasyl nicht das Ziel, den Rechtsstaat in Frage zu stellen oder damit eine systematische Kritik am Dublin-System zu üben, hieß es.

Bevor eine Kirchengemeinde in Zukunft Kirchenasyl gewährt, soll sie sich der Abmachung zufolge mit der jeweiligen Landeskirche oder der Geschäftsstelle der Konföderation niedersächsischer Kirchen beraten. Außerdem sollen im Land Bremen nur noch Menschen in Kirchenasyl aufgenommen werden, die zuvor bereits dort gewohnt haben. Auch das kritisierte der Flüchtlingsrat. Für “einen länderübergreifenden Kirchenverband (Bremerhaven gehört dort zu Niedersachsen)” sei dies “nahezu lächerlich”.

Beim Kirchenasyl nehmen Kirchengemeinden oder Ordensgemeinschaften Asylbewerber auf, wenn ihrer Auffassung nach eine Abschiebung für den Geflüchteten eine Bedrohung für Leib und Leben darstellt. Es hat seine Grundlage in einer Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Kirchen. Demnach muss eine Kirchengemeinde die Gründe darlegen, warum sie im Einzelfall Kirchenasyl gewährt. Das Amt überprüft den Fall daraufhin noch einmal. In jüngster Zeit waren bundesweit mehrere Kirchenasyle von Behörden geräumt worden.