Vor dem Hintergrund von Populismus und wachsendem Extremismus hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Bundestag aufgefordert, das geplante Demokratiefördergesetz rasch zu verabschieden. „Wir müssen unsere Demokratie fördern, stärken und verteidigen“, sagte Faeser am Montag in Berlin bei einem von ihrem Ministerium organisierten Demokratiekongress. Dabei gehe es nicht nur um schützenswerte Interessen einzelner Gruppen. Der Kampf etwa gegen Antisemitismus könne nicht nur mit der Kraft der Sicherheitsbehörden geführt werden.
Faeser und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) wollen mit dem Demokratiefördergesetz eine verlässliche finanzielle Grundlage für Träger politischer Bildung und von Projekten schaffen, die sich für die Stärkung von Demokratie, Akzeptanz von Vielfalt und Extremismusprävention einsetzen. Bislang bekommen diese Träger in der Regel nur befristete Projektmittel. Auch erfolgreiche Initiativen stehen damit immer wieder vor dem Aus.
Mit Blick auf die Debatte über den Umgang mit Migration betonte Faeser bei dem Demokratiekongress, es sei wichtig, „dass die Menschen den Glauben in das Funktionieren unseres Rechtsstaats haben“. Migration müsse stärker gesteuert und dabei das Recht auf Asyl geschützt werden.
Altbundespräsident Joachim Gauck sagte bei dem Kongress über „Demokratie unter Druck – Die Gesellschaft und die Zeitenwende“, es gebe Anzeichen für eine ernsthafte Infragestellung einer lange gültigen Weltordnung. „Das Recht des Stärkeren meldet sich an vielen Orten zurück“, sagte er unter Hinweis unter anderem auf den Krieg in der Ukraine.
Faeser und Gauck warnten überdies vor Bedrohungen der Demokratie von innen. Der Altbundespräsident erinnerte daran, dass das Vertrauen der Bürger in die Demokratie laut Umfragen einen neuen Tiefpunkt erreicht hat. Vor diesem Hintergrund bezeichnete er eine Stärkung der politischen Kommunikation als „unabdingbar“. Dabei gehe es um eine erhellende Vereinfachung. Faeser betonte, je unverständlicher politische Entscheidungen wirkten, desto größer werde der Wunsch nach einfachen Antworten, die es nicht gäbe.
Der Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, Timo Reinfrank, sprach sich bei dem Kongress gegen Verbote extremistischer Parteien aus. Sie seien im Fall der NPD „das falsche Instrument“ gewesen. Er warb vielmehr für Einschränkungen des passiven Wahlrechts. Ein Problem sei, dass einer zunehmenden Anzahl Menschen egal sei, ob die Partei, die sie wählen, rechtsextrem sei. Reinfrank warnte vor einer „Erodierung des demokratischen Parteiensystems in Ostdeutschland“. Dabei bestehe das Risiko, dass keine Koalitionen mehr gebildet werden und keine Richter mehr berufen werden könnten.
Bei dem Kongress diskutierten rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik in verschiedenen Formaten aktuelle Gefahren und Herausforderungen für die Demokratie. Dabei ging es unter anderem um das Anwachsen extremer, rassistischer und populistischer Strömungen sowie um Maßnahmen, die die Zukunftsfähigkeit von Demokratie angesichts zahlreicher Herausforderungen sicherstellen.