Während des Krieges in der Ukraine sind nach Ansicht der Rechtsextremismusforscherin Anke Hoffstadt die Überschneidungen zwischen der extremen Rechten in Deutschland und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sichtbarer geworden. Der Rechtsextremismus habe sich in den vergangenen Jahren deutlich breiter aufgestellt, sagte die Wissenschaftlerin der Hochschule Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst (epd). Deshalb gebe es in breiten Teilen der extremen Rechten in Deutschland eine Pro-Putin-Orientierung, obwohl Russland in der NS-Ideologie als Feindbild diene.
Extrem rechte Positionen gingen heute zumeist über den klaren NS-Bezug hinaus, erklärte Hoffstadt. Zu ihren Feindbildern, ihrem Antisemitismus und völkischen Rassismus sowie ihren Ideologien der Ungleichwertigkeit gehörten weiterhin eine nazistische Weltanschauung und Eroberungspolitik kriegerischer Gewalt. „Aber eben nicht für alle und nicht durchgehend zwingend in Engfassung auf den Nationalsozialismus.“
Vorstellung von autoritärer Machtgestaltung
Was die rechte Szene nach wie vor eine, sei die Vorstellung von autoritärer Machtgestaltung und antidemokratischen Gesellschaftsstrukturen, die sich in hegemonialer Männlichkeit, Gewalt, einer starken Militärelite und Führungsanspruch in Rückeroberungs- und Großmacht-Szenarien ausdrücke, sagte Hoffstadt. „Das alles sind Aspekte, mit denen sich Präsident Wladimir Putin beziehungsweise die russische Politik des vergangenen Jahrzehnts beschreiben ließen.“
Auf ideologischer Ebene gebe es zudem Überschneidungen und Gemeinsamkeiten, die die Affinität der extremen Rechten zur Person Putin bestärken. Als Beispiele nannte Hoffstadt unter anderem die Ablehnung liberaler Gender- und Geschlechterpolitik sowie reaktionäre Sichtweisen von Sexualität und Familie. „Da ist außerdem die durch und durch rassistisch grundierte Ablehnung einer liberalen Migrationspolitik und einer Gemeinschaft der Vielen“, betonte die wissenschaftliche Mitarbeiterin des „Forschungsschwerpunkts Rechtsextremismus/Neonazismus“ der Hochschule Düsseldorf.
Putins Narrativ von „Volk und Nation“
Auch Putins Narrativ von „Volk und Nation“ spiegele ein hier wie dort geteiltes Ziel wider. „Wenn auch auf eine je spezifische Weise: hier ein ‘großrussisches Reich’, dort ein ethnopluralistisches ‘Europa der Vaterländer’“, erläuterte die Forscherin. Akteure wie der ultranationalistische russische Autor Alexander Dugin bedienten sich dabei Untergangserzählungen von einem „degenerierten Europa“, gegen das eine extreme Rechte ihre abgrenzenden Wertesysteme starker, „reiner“ Gemeinschaften zu richten versuche. „Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass die extreme Rechte sich im Ukrainekrieg positiv zu Putin stellt“, resümierte Hoffstadt.