Das Amtsgericht Hannover hat einen ehemaligen Professor der Leibniz Universität Hannover wegen der Verwendung von verfassungswidrigen Kennzeichen in zwei Fällen zu einer Geldstrafe verurteilt. Unter anderem verwendete der 64-Jährige in einem Beitrag auf der Plattform X die von der Sturmabteilung (SA) des Nazi-Regimes geprägte Parole „Alles für Deutschland“. Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet bei der Staatsanwaltschaft Göttingen hatte einen Strafbefehl gegen den Mann erlassen, gegen den dieser Einspruch einlegte. Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Angeklagten zu 80 Tagessätzen zu je 130 Euro, insgesamt also zu einer Geldstrafe von 10.400 Euro. (Aktenzeichen: 227 Cs 801 Js 55406/24)
Ins Visier der Ermittler war der Beschuldigte aufgrund zweier Social-Media-Beiträge aus dem Juli 2024 geraten. Unter anderem hatte der Mann ein Video vom Viertelfinalspiel der Fußball-Europameisterschaft zwischen der Türkei und den Niederlanden hochgeladen. Es zeigt türkische Fans, die den sogenannten Wolfsgruß präsentieren, das Erkennungszeichen der Grauen Wölfe, einer rechtsradikalen Organisation in der Türkei. Kommentiert hatte der Pensionär seinen Beitrag mit den Worten: „Für türkische Fans ist der Wolfsgruß schlicht eine patriotische Geste. So wie für Deutsche der Satz ‘Alles für Deutschland’.“
Der Angeklagte räumte vor Gericht zwar ein, die Beiträge veröffentlicht zu haben, sehe darin aber keine strafbare Handlung, da er sich am Gesetz orientiert und von jeglicher Art von Rassismus ferngehalten habe. Zudem führte er die sogenannte Sozialadäquanzklausel an, wonach das Zeigen einschlägiger Kennzeichen in bestimmten Zusammenhängen nicht verboten ist, etwa in Bereichen der Wissenschaft und Lehre, der Kunst oder der staatsbürgerlichen Aufklärung.
Das Gericht argumentierte, „jedes irgendwie geartete Gebrauchmachen von nationalsozialistischen Kennzeichen“ erfülle das Tatbestandsmerkmal des Verwendens. Die Richter zeigten sich überzeugt, dass der Angeklagte „die Parole im Kontext bagatellisiert sowie enttabuisiert und sie darüber hinaus salonfähig machen will“. Zudem müsse ihm die Strafbarkeit der Parole nach der Verurteilung des AfD-Politikers Björn Höcke bekannt sein. Der Thüringer Landesvorsitzende der Partei war im vergangenen Jahr für die Verwendung des SA-Slogans ebenfalls zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden.
Gegen das Urteil hat der Ex-Professor nach Angaben des Amtsgerichts bereits Rechtsmittel eingelegt. Die Berufungsverhandlung soll voraussichtlich im August am Landgericht Hannover stattfinden.