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EVP-Chef Weber: Kinder werden an EU-Grenzen nicht inhaftiert

Rechtsaußen-Parteien wie die AfD werden bei der Europawahl im Juni laut Umfragen zulegen. Sie wollen Europa gegen Flüchtlinge abschotten. Wie reagieren die Konservativen im Europaparlament darauf?

Der Vorsitzende der größten Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, hat die Überprüfung auch von Kindern an den EU-Außengrenzen gegen massive Kritik verteidigt. “Wenn wir in das Gesetz reinschreiben, dass alle Zwölfjährigen automatisch nach Europa kommen dürfen, dann werden die Flüchtlingsboote voll sein mit Zwölfjährigen”, sagte der CSU-Politiker in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Die Schlepperbanden werden genau diese Konsequenz ziehen.”

Vertreter der 27 EU-Staaten, des Europaparlaments und der Europäischen Kommission hatten sich im Dezember auf eine Reform der Asylpolitik verständigt. Künftig soll jeder Flüchtling an den EU-Außengrenzen strikt kontrolliert werden. Wer nur geringe Aussicht auf Schutz in der EU hat, muss ein Asylverfahren an den Außengrenzen durchlaufen. Kirchen, Menschenrechtsgruppen und Hilfsorganisationen kritisieren das Vorhaben, auch Familien mit kleinen Kindern unter haftähnlichen Bedingungen an den EU-Außengrenzen festzuhalten.

“Sie werden nicht in Haft genommen”, versicherte Weber, der dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken angehört. “Sie werden in Einrichtungen gebracht, in denen geprüft wird, ob sie eine Einreiseberechtigung haben.” Wer politisch oder aufgrund von Religion oder Rasse verfolgt werde, könne einreisen, ebenso Menschen aus Kriegs- oder Bürgerkriegsgebieten. “Diese humanitären Prinzipien wackeln für uns nicht.” Klar sei aber auch, “dass 60 Prozent der Menschen, die in Deutschland ankommen, keinen Anspruch auf Asyl haben.”

Die Humanität sei mit den neuen Regeln gewährleistet, betonte der Vorsitzende der konservativen Europäischen Volkspartei in Brüssel. “Wir haben klar im Gesetz verankert, dass für Minderjährige ein besonderer Umgang notwendig ist.” Er habe Vertrauen in die Behörden, die an der Außengrenze tätig sind: “Die Beamten von Frontex, die ich erlebe, das sind Europäer wie wir. Die haben ein Herz, eine Familie, die kümmern sich, wenn Kinder ankommen.”

Mit Blick auf die Europawahl im Juni schloss Weber eine Zusammenarbeit mit Rechtsaußen-Parteien, die laut Umfragen zulegen, aus. Mit der AfD in Deutschland, Marine Le Pen in Frankreich, Jaroslaw Kaczynski in Polen und Viktor Orban in Ungarn sei keine Kooperation möglich.

Nach Webers Überzeugung muss die EU mehr Geld in Rüstung stecken, um verteidigungsfähig zu sein. Er plädierte für eine größere militärische Unabhängigkeit und für eine gemeinsame EU-Armee. Es gelte, “das größte Versprechen Europas zu halten, nämlich Friede”, sagte Weber. “Das wird nur gelingen, wenn wir abwehrbereit sind, wenn auch Abschreckung wieder ein Thema ist.”

Der EVP-Chef sprach sich für den “Aufbau eines gemeinsamen europäischen Verteidigungspfeilers” mit dem Nicht-EU-Staat Norwegen und mit Großbritannien aus, das zu den weltgrößten Waffenexporteuren zählt. Eine Rückkehr in die EU nach dem Brexit sei kein Thema, aber man müsse den Briten die Hand reichen und sie in die Schaffung eines gemeinsamen Marktes für Rüstungsgüter einbeziehen.