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Es ist wieder so weit: Schwalben auf dem Abflug nach Afrika

Schwalben sind wahre Flugkünstler. Sie haben sich an den Mensch gewöhnt, gleichwohl sind sie gefährdet. Bald machen sie sich auf den Weg in ihre Winterquartiere.

Derzeit sammeln sie sich wieder auf Stromleitungen, an Kirchendächern oder auf Felsvorsprüngen. Und bereiten sich mit waghalsigen Flugmanövern auf eine lange Reise ins Winterquartier vor. Ein anstrengender und gefährlicher Weg. Nur jede zweite kehrt zurück, schätzen Ornithologen. Vor allem, weil sie in den Mittelmeer-Anrainerstaaten illegal gefangen werden.

“An Mariä Geburt fliegen die Schwalben furt”, heißt es in alten Bauernregeln zum 8. September. Tatsächlich machen sich Mehlschwalben, Rauchschwalben und Uferschwalben ab Ende August reisefertig. Sie sammeln sich zunächst bis Ende September im Süden Deutschlands, um dann die 4.000 Kilometer lange Reise nach Afrika anzutreten. Dabei müssen sie die Alpen, das Mittelmeer und die Sahara überqueren.

Die Schwalben sind nicht allein. Mehr als 100 Millionen Zugvögel verlassen laut Naturschutzbund NABU im Herbst ihre Brutgebiete in Deutschland, um eine Reise in wärmere Gefilde anzutreten, unter anderem Weißstorch und Schwarzstorch, Kranich, Kuckuck, Mauersegler, Kiebitz, Feldlerche und Hausrotschwanz. “Eine noch weitaus größere Zahl wird unser Land überqueren, hier an geeigneten Rastplätzen wie dem Wattenmeer “auftanken” und weiterziehen oder aber den Winter über bei uns Station machen”, sagt Frederik Eggers vom NABU Niedersachsen.

Kaum ein Vogel hat eine so enge Beziehung zum Menschen wie die Schwalben. Jahrhunderte lang gehörten sie ganz selbstverständlich in jedes Dorf. Schwalben, die meist an ihre alten Niststandorte zurückkehren, haben sich an eine vom Menschen geprägte Umgebung angepasst. Sie tauschten ihre ursprünglichen Brutplätze an Steilküsten gegen einen Platz im Stall oder an der Hauswand ein. Als einer der wenigen Vögel kommen sie sogar zu den Menschen ins Haus.

Deshalb haben die Flugkünstler auch ihre Spuren in der Kulturgeschichte hinterlassen: Im Mittelalter galten die Schwalben als Licht- und Hoffnungsvögel, die rund um den katholischen Gedenktag Mariä Verkündigung am 25. März auftauchten und quasi den Frühling mitbrachten. Weil sie sich meist um Mariä Geburt wieder auf den Weg nach Afrika machten, wurden sie auch Muttergottesvogel genannt.

Schwalben, die bis zu 20 Meter pro Sekunde fliegen, kommen in vielen Liedern, Gedichten und Sprichwörtern – “Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer” – vor. Mopeds und Motorräder sind nach ihnen benannt. Fußballspieler, die sich theatralisch fallen lassen, werden einer “Schwalbe” bezichtigt – weil die Vögel ebenfalls elegant in Bodennähe segeln.

Doch die Gemeinschaft zwischen Schwalbe und Mensch ist mancherorts in Auflösung begriffen. Mehl-, Rauch- und Uferschwalben sind gefährdet. Laut NABU gibt es derzeit in Deutschland jeweils rund 700.000 Brutpaare bei den Rauchschwalben und Mehlschwalben – nur noch halb so viele wie vor 30 Jahren. Die Mehlschwalbe steht auf der Roten Liste, die Rauchschwalbe auf der Vorwarnliste.

Die Gründe: ein geringer werdendes Nahrungsangebot durch abnehmende Insektenzahlen und Trockenheit im Winterquartier durch die Klimakrise. Außerdem gibt es hierzulande immer weniger Nistmöglichkeiten. “Grund dafür ist die Zerstörung und Entfernung von Schwalbennestern, weil ihnen in einer auf Sauberkeit und Sterilität tendierenden Gesellschaft keine Daseinsberechtigung mehr eingeräumt wird”, klagt der NABU. Es fehlt an Ställen oder Hallen, in denen die Flugakrobaten nisten können. Moderne Reithallen und Stallungen seien oft so hermetisch abgedichtet, dass eine Schwalbe keinerlei Unterschlupf findet. Auch an Privathäusern gibt es kaum noch brütende Schwalben: Vielerorts würden Nester wegen Dreck und Kot einfach abgeschlagen.

Dabei gibt es einfache Gegenmaßnahmen: Während manche Landwirte bewusst wieder gute Bedingungen für die Schwalben schaffen – durch offene Zugänge zu Ställen oder Bretter und Nisthilfen an den Wänden – können auch Städte ihren Teil zum Erhalt der Tierart beitragen. Denn die Vögel brüten auch an belebten Plätzen. Es gibt Nisthilfen. Gegen den Dreck aus Kot und Nistmaterial kann man Kotbretter anbringen. Zum Nestbau brauchen die Vögel außerdem feuchten Lehm und eine insektenfreundliche Umgebung.