Mit einem Gedenkgottesdienst in der Wittenberger Stadtkirche und einem Trauerempfang im Alten Rathaus ist am Samstag an den evangelischen Theologen und DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer erinnert worden. Der ehemalige Studienleiter der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt und Friedenspreisträger war am 9. September nach langer Krankheit im Alter von 80 Jahren in einem Berliner Pflegeheim gestorben.
An dem Gedenken beteiligten sich die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Thüringen, Reiner Haseloff (CDU) und Bodo Ramelow (Linke), der Linkenpolitiker Gregor Gysi, die Liedermacherin Barbara Thalheim und die Tochter des Theologen, Uta Schorlemmer. Ein langjähriger Weggefährte, der Landauer Pfarrer Volker Hörner, erinnerte an Schorlemmers symbolträchtiges Umschmieden eines Schwertes zu einer Pflugschar 1983 bei einer Friedensaktion auf dem Kirchentag in Wittenberg: „Die Hammerschläge und Texte Schorlemmers hallen nach, bis heute“, sagte Hörner.
Haseloff sagte beim Empfang, Schorlemmer habe Spuren in Wittenberg und ganz Deutschland hinterlassen. Sein literarisches Werk werde Bestand haben. Der Theologe sei 40 Jahre Teil seines persönlichen Lebens gewesen: „Ich empfinde einen tiefen Schmerz, dass wir ihn nicht mehr unter uns haben und er auf der anderen Seite auf uns wartet“, sagte der Ministerpräsident.
Ramelow betonte, Schorlemmer habe ihn politisch und menschlich geprägt. Vor allem dessen Satz „Wir müssen die 68er und die 89er zusammenbringen“ sei ihm im Gedächtnis geblieben. Der Theologe habe die Veränderungswilligen zusammenbringen wollen, um etwas gemeinsam entstehen zu lassen. Dieser Gedanke sei gerade heute wichtig, um die demokratischen Kräfte im Land zu einen. „Seine Stimme fehlt“, sagte der thüringische Regierungschef.
Der lange mit Schorlemmer befreundete Gysi nannte Schorlemmer eine Ausnahme in der DDR und im wiedervereinigten Deutschland und sagte: „Ich danke Dir, Friedrich! Du hast auch mich verändert.“
Der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, würdigte den Verstorbenen im Gottesdienst als den „bekanntesten Pfarrer der Landeskirche“, der vielen Menschen den Himmel geöffnet habe. Im Gottesdienst wurden Texte des Theologen gelesen. Bischof Kramer sang mit Uta Schorlemmer das Lied „Und sag es weiter“, dessen Text von Friedrich Schorlemmer stammt. Haseloff äußerte den Wunsch, dass das Lied in das neue Evangelische Gesangbuch aufgenommen werde.
Der 1944 im brandenburgischen Wittenberge geborene Schorlemmer gehörte zu den Gründern der DDR-Friedensbewegung und engagierte sich vor allem in der Wendezeit 1989/90 gegen die SED-Diktatur. Der evangelische Pfarrer war Mitbegründer der Partei Demokratischer Aufbruch (DA), wechselte aber noch 1990 in die SPD. 1993 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.