DÜSSELDORF – Mit einem Festakt im nordrhein-westfälischen Landtag hat der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein in Düsseldorf sein 70-jähriges Bestehen gefeiert. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, sagte, die Gründung des Landesverbandes sei „der erste Schritt zum Wiederaufbau und zu einer Blüte des jüdischen Lebens am Rhein, die damals niemand für möglich gehalten hätte“. Er erklärte, die Juden in Deutschland wollten „alles dafür tun, das vielfältige jüdische Leben am Rhein zu erhalten und zu fördern“.
Landtagspräsidentin Carina Gödecke erklärte, die jüdische Komponente in der deutschen Kultur und Zivilisation sei „herausragend“. Diese Spuren hätten auch durch zwölf Jahre Nazi-Barbarei nicht ausgelöscht werden können. Dass die jüdischen Gemeinden so erstarkt, so lebendig und so kulturprägend seien, gehöre für sie zu den schönsten Lebenserfahrungen: „Das ist ein Geschenk, das wir uns – trotz der bedenklichen Störfeuer von rechts – von nichts und niemandem wieder kaputt machen lassen.“
Der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, Oded Horowitz, forderte angesichts der Gefahr durch islamistische Terroristen mehr präventive Maßnahmen der Sicherheitsbehörden und einen besseren Schutz der jüdischen Einrichtungen. Auch müssten die Finanzmittel der jüdischen Gemeinden aufgestockt werden, damit sie selbst auch ihre eigenen Sicherheitsvorkehrungen verstärken könnten.
Mit der bereits im Jahr 1945 erfolgten Gründung des Landesverbandes hätten die Überlebenden der Shoah „den wohl größtmöglichen Vertrauensbeweis in das neu entstehende Deutschland“ angetreten, sagte Horowitz weiter. Damit sei die Hoffnung verbunden gewesen, als jüdische Menschen wieder gleichberechtigte Bürger dieses Landes zu werden. Heute sei er stolz darauf, „dass die größte jüdische Bevölkerung der Bundesrepublik mittlerweile in Nordrhein-Westfalen lebt“.
Die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann sagte, das Land sei dankbar dafür, dass es nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges deutsche Juden gab, die sich nach Jahren der Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung entschieden hätten, in Deutschland zu bleiben. „Jüdisches Leben findet heute in der Mitte unserer Gesellschaft statt, das ist eine große Bereicherung für ein tolerantes und weltoffenes Land, in dem es keinen Platz für Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit geben darf.“
Der frühere NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers erklärte, das Erinnern an die unzähligen Opfer der Nationalsozialisten bleibe „immer auch eine Zukunftsaufgabe“. Die Erinnerungsarbeit sei noch nicht getan. Jede Generation müsse dazu einen eigenen Beitrag leisten.
Der Landesverband war am 21. November 1945 gegründet worden. Erster Vorsitzender war Philipp Auerbach. Bei seiner Gründung vertrat der Landesverband rund 1700 überwiegend deutsche Juden. Wenig später wurden der „Landesverband der jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe“ und die Synagogengemeinde Köln ins Leben gerufen.
Heute repräsentiert der Verband gut 17 500 Juden, die in acht Gemeinden leben. Die Gemeinden sind in Bonn, Duisburg-Mülheim/Ruhr/Oberhausen, Krefeld, Aachen, Düsseldorf, Essen, Mönchengladbach und Wuppertal. epd
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Erinnern als Aufgabe für die Zukunft
Landesverband Jüdischer Gemeinden feiert 70-jähriges Bestehen. Mehr Schutz angemahnt
