Braunschweig / Hannover. Die EKD unterstützt den Vorschlag, eine staatliche Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt einzurichten. „Daran würden wir uns selbstverständlich beteiligen“, sagte der Sprecher des Beauftragtenrats der EKD zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, der Braunschweiger Landesbischof Christoph Meyns. Dies sei eine große Chance, sexualisierte Gewalt als gesamtgesellschaftliches Problem anzugehen und aufzuarbeiten.
Der Staat sei dann in einer zentralen Rolle, die Fälle sexualisierter Gewalt in allen Institutionen und Lebensbereichen wie den Kirchen, aber auch dem Sport, den Schulen, Jugendeinrichtungen, bei der Kinderbetreuung und in den Familien aufzuklären. Es sei jedoch fraglich, ob der Staat eine solche Rolle übernehmen wolle und wie die dafür notwendigen rechtlichen Grundlagen zu schaffen seien, sagte der Theologe dem Evangelischen Pressedienst. In jedem Fall gelte: „Die Politik wird uns die Verantwortung für die Aufarbeitung nicht abnehmen.“
Problematische Strukturen
Der Forschungsverbund „ForuM“, der auf Initiative der EKD Fälle von sexualisierter Gewalt innerhalb der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie wissenschaftlich aufarbeite, wird Meyns zufolge Erkenntnisse über problematische Strukturen vorlegen. „Wir wollen wissen, was sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche ermöglicht hat“, sagte Meyns. Diese Faktoren seien vermutlich andere als in der katholischen Kirche.
Wie werden Betroffene beteiligt?
Darüber hinaus starteten die evangelischen Landeskirchen gerade mit Planungen für Aufarbeitungskommissionen. In den ersten Jahren nach der Aufdeckung der ersten Missbrauchsfälle 2010 sei es vor allem um Prävention gegangen. „Seit 2018 wird aber auch verstärkt der Bereich der Aufarbeitung in den Blick genommen“, so Meyns.
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Eine diesbezügliche Vereinbarung der EKD mit dem Unabhängigen Beauftragten des Bundes für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs über Standards der Aufarbeitung sei weitgehend vorbereitet. Aber es müssten noch wichtige Details geklärt werden, vor allem im Blick auf die Beteiligung der Betroffenen. Bis eine tragfähige Struktur geschaffen sei, werde es noch ein gewisser Weg sein: „Betroffenenbeteiligung ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“ Die ursprünglichen Mitglieder des im vergangenen Frühjahr ausgesetzten Betroffenenbeirats seien aber auch aktuell eingeladen, sich bei wichtigen Entscheidungen zu beteiligen.
Anders als in der katholischen Kirche, die hierarchischer strukturiert sei, seien in der evangelischen Kirche gewählte Gremien für alle Entscheidungen zuständig. Diese demokratische Vielfalt unterstütze die Aufarbeitung, sei manchmal aber auch hinderlich, wenn es um klare Verantwortung gehe, gestand der Bischof ein: „Da droht die Gefahr, dass Verantwortung diffundiert und am Ende niemand mehr verantwortlich ist. Das dürfen wir nicht zulassen.“ (epd)