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Stadtentwicklung: Ein neues Stück Altona rund um St. Trinitatis

Am Wochenende wird das Trinitatis Quartier in Altona offiziell eröffnet. Es ist das sichtbare Zeichen für eine neue Form von Miteinander – getragen von Kirche, Nachbarschaft und sozialem Engagement.

Die Gebäude und die Kirche passen im Trinitatis Quartier zusammen und bilden einen gemeinsamen Platz in der Mitte
Die Gebäude und die Kirche passen im Trinitatis Quartier zusammen und bilden einen gemeinsamen Platz in der MitteKristina Tesch

Ein Café, in dem Housing-First-Bewohner und Pilger Kaffee trinken. Ein Fensterputzgerät, das sich Kirche und Pilgerherberge teilen. Und Pastor Torsten Morche, der offen bekennt: „Wir wissen noch nicht genau, wie Gemeindeleben hier künftig aussehen wird.“ Was nach Patchwork klingt, ist in Wahrheit ein bemerkenswertes Stadtentwicklungsprojekt mitten in Hamburg-Altona: das Trinitatis Quartier. Es bringt Menschen verschiedenster Lebenswelten zusammen – und zeigt, was möglich ist, wenn man sich wirklich begegnet.

An diesem Wochenende wird es offiziell mit den „Trinitatis-Festtagen“ eingeweiht. Ganz im Sinne des Mottos: „Ankommen. Feiern. Miteinander leben.“ Musik, Lesungen, Gebet, Kirchenführungen, Kindertheater, Rikschatouren, ein Pub-Quiz und Mitmachaktionen lassen bereits bei der Eröffnung spüren, was dieses neue Viertel ausmacht: ein buntes, vielfältiges Miteinander.

Ein Stück Stadt neu denken

Fünf moderne Neubauten bilden das neue Ensemble: ein Gemeindehaus, eine Kindertagesstätte, Sozialwohnungen, das Café „Trinitatis Treff“, die Pilgerherberge „Baltica“ und 26 Housing-First-Wohnungen für ehemals obdachlose Menschen. „Wir wollten nicht nur hochwertig und sozial verantwortlich bauen, sondern ein Stück Stadt neu denken“, sagt Kris Heitmann von „bauwerk KIRCHLICHE IMMOBILIEN“, das maßgeblich an der Entwicklung beteiligt war.

Die evangelische Hauptkirche St. Trinitatis steht sinnbildlich für die Geschichte des Quartiers. Einst zentraler Ort einer florierenden Stadt, dann jahrzehntelang isoliert, umgeben von Brachflächen. „Wir waren eine Kirchengemeinde ohne nachbarschaftliches Umfeld. Das hat sich nun geändert“, sagt Pastor Morche. Und er spürt die Veränderung auch sonntags: „Durch die Pilgerherberge haben wir einige neue Gesichter in den Gottesdiensten.“

Der Alltag ist Geben und Nehmen

Auch das Gemeindeleben selbst ist in Bewegung. „Wir erfinden uns neu“, sagt Morche. Welche Formen von Seelsorge und Gemeinschaft hier entstehen, sei offen. „Aber ich gehe mit offenem Herzen und wachem Geist hinein.“ Reibung, Vielfalt, neue Gemeinschaft, das seien jetzt die Parameter kirchlichen Wirkens.

Inzwischen sind die Bauzäune weg. Das vereinfacht das Miteinander. Die Housing-First-Bewohner helfen in der Einrichtung von „MAhL ZEIT“, backen oder helfen beim Saubermachen. Auch mit der Pilgerherberge „Baltica“ gibt es Kooperationen: Lebensmittel vom Frühstücksbuffet werden weitergegeben, Fensterputzgeräte geteilt, dafür dürfen Gäste dort parken. „Es ist ein Geben und Nehmen“, beschreibt Morche den Alltag. „Wir, die wir uns regelmäßig begegnen, haben schon eine gewisse Vertrautheit entwickelt.“

Ein Gebäude und eine Kirche sind von der Straße aus zu sehen

Auch Yvonne Djawaheri von „MAhL ZEIT“ betont: „Was hier entsteht, hat Vorbildcharakter. Es zeigt, wie Vorurteile abgebaut werden können, wenn man sich wirklich begegnet.“ Die Einrichtung dient weiter als Anlaufstelle für obdachlose Menschen, künftig auch mit Duschmöglichkeiten, Leseangeboten und Kochaktionen. Eine kleine Notfall-Kleiderkammer ergänzt das Angebot.

Ein zentrales Element des sozialen Austauschs war in der Bauphase ein Bauwagen, der zu einem identitätsstiftenden Ort wurde. „Der Bauwagen ist ein Identitätsbooster geworden“, sagt Pastor Morche. „Ich plädiere ganz stark für einen Quartiersmanager.“ Er erzählt von Pastor Gunnar Urbach, ehemaliger Fundraisingmanager des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein, mit seiner Denkwerkstatt. Dort seien viele Ideen entstanden. „Ein Format wie dieses sollten wir weitermachen.“

Das Gelände blüht

Auch wenn der Weg zum Quartier nicht ohne Herausforderungen war. „Wir sind uns alle gut, aber hatten nicht immer deckungsgleiche Sichtweisen“, sagt Morche mit Blick auf die vergangenen Jahre. Abriss der alten Kapelle, Baumfällungen, Bauzäune, Baustellenlärm – auch für die Gemeinde gehörte Schmerz zur Transformation. Doch jetzt blüht das Gelände. Wortwörtlich. „Man kommt rein, und es ist ein anderer Ort“, sagt Morche. Nun gilt es herauszufinden, was die Menschen brauchen – Kita-Kinder, Senioren, Housing-First-Bewohner, Nachbarn.

Mehrere Backsteingebäude und eine Kirchturmspitze sind zu sehen

„Durch gemeinsame Projekte wächst das Miteinander“, erklärt Djawaheri. „Im Bauwagen kommen regelmäßig Nachbarn und Housing-First-Bewohner ins Gespräch. Diese Begegnungen machen den Unterschied.“

Das Trinitatis Quartier zeigt, wie Kirche heute wirken kann: nicht als abgeschlossener Raum, sondern als offenes Netzwerk der Fürsorge. „Wir schaffen hier eine offene Tür für alle Menschen“, sagt Propst Frie Bräsen. Und auch Michael Benthack von „bauwerk KIRCHLICHE IMMOBILIEN“ bringt es auf den Punkt: „Dieses Quartier ist ein Ort mit Strahlkraft – architektonisch, sozial, spirituell.“

Lesen Sie auch das Interview mit Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein zur Zusammenarbeit beim Trinitatis Quartier