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„Diese Not ist von Menschen gemacht“

Millionen von Hunger bedroht – aber das müsste nicht sein. Nicht alleine Dürre oder Naturkatastrophen sind an dem gegenwärtigen Leid schuld. Sondern vor allem Gewalt und Bürgerkrieg. Eine Expertin erklärt die Hintergründe

epd

FRANKFURT A.M./BONN – Die Hungersnot im Südsudan ist nach Einschätzung der Expertin Marina Peter vor allem eine Folge der Gewalt in dem Bürgerkriegsland. „Natürlich gibt es Dürre in einigen Regionen“, sagte die Beraterin und Vorsitzende des Vereins Sudan und Südsudanforum dem Evangelischen Pressedienst. Doch die Dürre allein habe niemals solche gravierenden Folgen gehabt. Laut UN droht im Südsudan etwa 100000 Menschen akut der Hungertod. Rund fünf Millionen Südsudanesen, etwa die Hälfte der Bevölkerung, brauchen dringend Lebensmittelhilfe.
Die internationale Gemeinschaft habe im Fall des Südsudan versagt, sagte Peter, die sich seit Jahrzehnten mit der Region befasst und das Hilfswerk „Brot für die Welt“ berät. Nicht einmal auf ein Waffenembargo habe sich der UN-Sicherheitsrat einigen können. „Die Konten der Führungsspitzen sind nicht eingefroren, es werden zu viele Zugeständnisse gemacht“, sagte Peter. Auch habe sich eine Müdigkeit der Geberländer eingestellt. „Die UN haben heftige Probleme, die Südsudanhilfe zu finanzieren.“
Auch die Welthungerhilfe rief zu mehr Unterstützung für die Hungernden im Südsudan auf. Mit schneller Hilfe könne das Schlimmste verhindert werden, erklärte Till Wahnbaeck, Vorstandsvorsitzender der Organisation. „In Zeiten von Afrikagipfeln und einem geplanten Marschallplan für den Kontinent dürfen wir keine Hungertoten hinnehmen.“ Wegen der Kämpfe könnten sich Millionen von Menschen nicht mehr selbst versorgen.
Peter zufolge ist mit der Generation von alten Militärs, die im Südsudan Regierung und Rebellen kontrollierten, kein Frieden möglich. Der Südsudan wurde erst 2011 vom Sudan unabhängig. Die Unabhängigkeitskämpfer von damals stellen die Regierung von heute. „Aber man muss mit ihnen arbeiten, weil es keine anderen Strukturen gibt, und gleichzeitig den Druck erhöhen.“

Gefährlich: Kirchen versuchen zu versöhnen

Das Wichtigste sei jedoch, die Menschen in der Zivilbevölkerung zu stärken, die den Frieden wollten, betonte Peter. „Ich bin fest davon überzeugt, dass es besser wird, aber es wird lange dauern.“ Unterstützung bräuchten Initiativen wie die des südsudanesischen Kirchenrats, der in den Gemeinden einen Aussöhnungsprozess initiieren wolle. „Aber man muss sehr vorsichtig sein, weil Andersdenkende erschossen werden.“
Dass das Land und die UN für zwei Bezirke des nördlichen Bundesstaates Unity die Hungersnot ausgerufen hätten, habe sie erleichtert, sagte Peter. „Denn das bedeutet, dass die Menschen endlich Hilfe erhalten.“ In den meisten Gebieten ließen die Kriegsparteien keine Hilfe zu. Sie rechne jedoch damit, dass auch für weitere Regionen die Hungersnot ausgerufen werde, denn die Lage sei in vielen Teilen des Landes desolat. „Der Südsudan ist ein unglaublich fruchtbares Land, man steckt etwas in die Erde und es wächst“, sagte Peter. Doch auch in solchen Gegenden, die selbst während des Unabhängigkeitskrieges gegen den Sudan einigermaßen stabil gewesen seien, herrschten jetzt Gewalt und Hunger.
Human Rights Watch kritisierte, die Verbrechen von Regierung und Rebellen seien seit Langem bekannt, auch in dem Gebiet, in dem jetzt Zehntausende Südsudanesen zu verhungern drohten. Die Menschen im Südsudan seien von ihren Politikern und der Weltgemeinschaft verlassen worden, erklärte der Südsudan-Experte der Organisation, Jonathan Pedneault. Die Hungersnot sei der Preis für die Untätigkeit. epd