Der Beschluss war ein Meilenstein: Als am 25. September 2015 auf dem UN-Gipfel in New York die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet wurde, einigte sich die Staatengemeinschaft das erste Mal darauf, die ökonomische, ökologische und soziale Entwicklung weltweit mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit zu verknüpfen. Die 17 „Sustainable Development Goals“ (SDGs) mit ihren 169 Unterzielen lösten die nur für Entwicklungs- und Schwellenländer geltenden Millenniumsziele ab.
Mit den SDGs sind auch reiche Länder wie Deutschland, die USA oder Frankreich in der Pflicht, ihre Volkswirtschaften ökologisch nachhaltiger zu machen, für die Armutsbekämpfung und für Geschlechtergerechtigkeit einzutreten. Auch sonst sind die einzelnen Ziele ambitioniert und sehen etwa vor, den Hunger zu beenden, die weltweite Ungleichheit zu verringern oder allen Menschen Zugang zu Wasser zu geben.
Doch acht Jahre nach der Vereinbarung und sieben Jahre vor der anvisierten Zielerreichung im Jahr 2030 ist die Bilanz ernüchternd. „Die SDGs sind in Gefahr“, schreiben die UN in ihrem Fortschrittsbericht zum Stand der Agenda 2030.
Am 18. und 19. September kommt die Staatengemeinschaft am Rande der UN-Vollversammlung in New York zusammen, um über die weitere Umsetzung der Ziele zu beraten. Auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) plant, den Gipfel zu besuchen. Für die Erreichung der SDGs müsse die „gesamte Weltgemeinschaft“ zusammenhalten, sagt sie. Das sei das Signal, das vom Gipfel ausgehen müsse.
Auch die SPD-Politikerin räumt ein: „Die Weltgemeinschaft ist trotz einiger Fortschritte aktuell weit davon entfernt, die Versprechen der Agenda 2030 von 2015 einzuhalten.“ Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg „haben uns jetzt nochmal weiter zurückgeworfen“.
Wie schlecht es um die Ziele bestellt ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen. Nur 15 Prozent der Ziele sind auf gutem Weg. Fast die Hälfte ist „nicht in der Spur“, bei 37 Prozent der Ziele gibt es Stagnation oder sogar Rückschritte. Die Corona-Pandemie etwa sorgte für Rückschläge bei der Bekämpfung extremer Armut. Auch die Zahl der Hungernden ist in den vergangenen Jahren gestiegen, auf zuletzt weltweit 735 Millionen Menschen.
Trotz mangelnder Fortschritte hält die Direktorin vom „German Institute of Development and Sustainability“ (IDOS), Anna-Katharina Hornidge, nichts davon, sich von den ambitionierten Zielen zu verabschieden. In einer Zeit der verstärkten Konfrontation „betonen die Ziele das Gemeinsame und nicht die Differenzen“, sagt die Soziologin. Es sei eine Agenda, „in der die Weltgemeinschaft gemeinsam Zukunft definiert hat, die alle unterschrieben haben und die über nachhaltige Entwicklung die Wege in diese Zukunft aufzeigt“.
Für die deutsche staatliche Entwicklungszusammenarbeit bleiben die Nachhaltigkeitsziele eine wichtige Richtschnur. Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) hält bei ihren Projekten fest, zu welchen Zielen sie beitragen. Und die KfW-Bankengruppe hat ein sogenanntes SDG-Mapping erstellt, um zu zeigen, wie ihre Finanzhilfen im globalen Süden, aber auch in Deutschland zu den Zielen beitragen.
Die Welthungerhilfe sieht in den SDGs ebenfalls eine Art Kompass für ihre Arbeit. Die Hilfsorganisation zeigt sich vor allem über die Rückschläge beim Kampf gegen den Hunger besorgt. Laut Prognosen gebe es 2030 noch immer 600 Millionen Hungernde, sagt Generalsekretär Mathias Mogge. Das seien in absoluten Zahlen sogar mehr als zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Agenda 2030. Es brauche „ambitionierte Maßnahmen“, mehr finanzielle Ressourcen und den entschiedenen politischen Willen der Unterzeichnerstaaten.
Entwicklungsministerin Schulze bezeichnet es als „ermutigend“, dass die Weltgemeinschaft trotz der Krisen und Rückschläge an den Zielen festhalte. „Doch wir müssen schneller werden. Kein Land wird alle Ziele erreichen, wenn wir so weitermachen wie bisher“, betont die SPD-Politikerin.