Das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe hat 35 Regionalstellen. Eine davon befindet sich in Schwelm. Jedes Jahr werden dort für Interessierte aus den Kirchenkreisen Hattingen-Witten und Schwelm viele unterschiedliche Seminare durchgeführt. Antje Rösener, die Geschäftsführerin des Evangelischen Erwachsenenbildungswerkes, sprach mit Matthias Kriese, dem Leiter der Regionalstelle:
• Herr Kriese, die Evangelische Erwachsenenbildung Ennepe-Ruhr ist sehr aktiv. Was haben Sie in der letzten Zeit auf die Beine gestellt?
Sehr vieles: Vor einiger Zeit haben wir – in Kooperation mit einer Kirchengemeinde und einem ortsansässigen Glaskünstler – ein Kunstprojekt zur biblischen Geschichte von Jakob und der Himmelsleiter initiiert. An zwei Wochenenden ist eine etwa menschengroße Glasstele entstanden. Die Gruppe hat sich intensiv mit dem Bibeltext auseinandergesetzt. Es ist ein tolles Kunstwerk entstanden, das einen festen Platz in der Gebetsecke der Kirche vor Ort gefunden hat.
Spannend sind auch die Vater-Kind-Aktionen, die wir in Kooperation mit Kitas und Familienzentren anbieten. Das Konzept sieht eine starke Selbstbeteiligung der Väter vor. Mich erstaunt immer wieder, welche Potenziale dabei frei werden.
• Wie wird da gelernt?
Für mich vollzieht sich da etwas Wesentliches: Wir wollen nicht nur Wissen vermitteln, sondern den Potenzialen der Teilnehmenden Raum geben und dadurch Entwicklung ermöglichen.
Lernen vollzieht sich in ganz unterschiedlicher Weise. Wir haben zum Beispiel vor Kurzem zum Thema „Unser Müll – eine Spurensuche“ Exkursionen in eine hochmoderne Wertstoffaufbereitungsanlage und eine Biogasanlage angeboten. Ich war sehr überrascht, wie hocheffizient diese Anlagen arbeiten – was also technisch möglich ist.
• Die Evangelische Erwachsenenbildung gibt zweimal im Jahr ein Programm heraus. Was sind Ihre Sparten?
Das verändert sich fast jährlich. Im Moment haben wir Veranstaltungen in den Bereichen: Religion und Spiritualität – Gesellschaft, Politik, Kultur und Migration – Gesundheit und Bewegung – PC- Kurse und neue Medien – Inklusive Angebote und Vater -Kind-Angebote.
Aber man kann bei uns auch Bildung „bestellen“, sich also mit einer konkreten Anfrage an uns wenden. Und wir haben Erfahrungen gesammelt mit der Quartiersarbeit, mit sozialraumbezogener Bildungsarbeit.
• Ganz schön viel. Wie schaffen Sie das mit in Stellenanteilen 1,75 Pädagogen und 35 Stunden Verwaltungsarbeit?
Ja, wir haben viele Kursleitende und Referenten, die mit uns zusammenarbeiten, und ein großes Netz von Kooperationspartnern. Aber es ist viel, das ist richtig: Bedarfserhebung, Planung, Öffentlichkeitsarbeit, Durchführung, Abrechnung und das alles qualitätsgeprüft.
• Wer gehört zu Ihren Kooperationspartnern?
Wir arbeiten – neben den Gemeinden – häufig mit Partnern außerhalb der Kirche zusammen, wie zum Beispiel der VHS, den Stadtbibliotheken, Weltläden, Religionen für den Frieden in Witten, Familienzentren, Beratungsstellen, Museen oder ortsansässigen Künstlern. Das hilft, kirchliche Anliegen in die Gesellschaft hinein transparent zu machen, aber auch Themen und Impulse aus der Gesellschaft aufzunehmen. Wir sind gewissermaßen Schnittstelle zwischen Kirche und Gesellschaft.
• Sie haben sich auf einen neuen Weg begeben: Erwachsenenbildung inklusiv. Was ist das?
Ganz generell geht es ja beim Inklusionsgedanken darum, dass Menschen mit und ohne Einschränkungen gemeinsam lernen, leben und arbeiten. Inklusive Erwachsenenbildung sucht nach Kursformaten und Angeboten, bei denen genau dies möglich ist.
Praktisch fängt das schon bei der Kursausschreibung an, die in einfacher Sprache verfasst wird. Auch müssen geeignete Räumlichkeiten (möglichst barrierefrei) gewählt werden. Die Vermittlung im Kurs und vor allem das Lerntempo müssen entsprechend angepasst werden.
Wir sind in der Anfangsphase. Wir haben uns bewusst entschieden, in dieses Projekt einzusteigen, weil wir es für gut und richtig halten. Allerdings ist es finanziell ein Zuschussgeschäft.
Wir können von den behinderten Menschen nicht den Kursbeitrag erwarten, den wir kostendeckend erheben müssten. Wir hoffen aber für die Zukunft, dass der politischen Forderung nach Inklusion auch entsprechend finanziell Ausdruck verliehen wird.
• Sie sind auch in der Flüchtlingsarbeit aktiv?
Ja, wir sehen unsere Aufgabe in der Qualifizierung und Unterstützung von Ehrenamtlichen.
Aktuell bieten wir Kurse an, in denen es um rechtliche Fragestellungen, kulturelle Hintergründe, praktische Tipps, Selbstabgrenzung und Know-how zur Erteilung von Sprachkursen geht. Ebenso beraten wir in Zuschussfragen und helfen, entsprechende Anträge auf den Weg zu bringen.
• Was haben Sie für 2017 geplant?
Wir werden 2017 im Oktober das musikalische Theaterstück „Play Luther“ zu Gast haben. Das Stück beansprucht für sich, „lebendiger Geschichtsunterricht“ zu sein und hat bisher sehr gute Kritiken bekommen. Es wird in Gevelsberg zu sehen sein.
• Viel Erfolg auch weiterhin!