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Diakonie-Präsident: Sozialpolitik wichtiger denn je

Die Diakonie Deutschland und drei diakonische Landesverbände haben am Mittwochabend in der Leipziger Nikolaikirche einen „Demokratie-Dialog“ veranstaltet. Diskutiert wurden soziale und gesellschaftliche Themen mit Blick auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Rüdiger Schuch, wies dabei auf die Bedeutung der Sozialpolitik hin. Sie sei „wichtiger denn je“, sagte er. Wo soziale Probleme ungelöst bleiben, hätten es extreme politische Kräfte leichter.

Schuch betonte, die Landtagswahlen seien „zu wichtig für Denkzettel“. „Daher ist gute Information sehr wertvoll“, sagte er. Gerade mit ihrer Sozialpolitik würden die Parteien tief in den Alltag der Menschen eingreifen. Eine „inklusive, vielfältige und solidarische Gesellschaft“ sei Extremen dabei ein Dorn im Auge.

Schuch hatte im Frühjahr in einem Interview gesagt, dass überzeugte AfD-Wähler nicht bei der Diakonie arbeiten könnten. In Leipzig betonte er nun: Die Menschen müssten bei der Diakonie „unbedingt das Gefühl und die Gewissheit haben, dass sie sich anvertrauen können“. Dazu gehöre auch, dass sie angenommen werden, egal, woher sie kommen und wie sie sind.

„Wenn wir das nicht gewährleisten können, dann haben wir die Berechtigung für diakonisches Wirken verloren“, sagte Schuch. Grundgedanke der Diakonie sei die Annahme eines jedes Menschen.

Beschäftigte mit radikalem Gedankengut seien nicht mehr in der Diakonie aufgehoben, sagte Schuch. Da müsse es auch arbeitsrechtliche Konsequenzen geben. Der Politikwissenschaftler Johannes Varwick von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg lobte „den Mut, so klar in der Auseinandersetzung zu sein“. Das sei vorbildlich. „Man kann die Dinge nicht einfach so laufen lassen“, sagte er, sondern müsse klare Kante zeigen.

Schuch sagte: „Unsere Demokratie ist im Moment unter Druck geraten.“ Es komme darauf an, „dass wir jetzt ‘Ja’ sagen zu dieser Vielfältigkeit“ und dass Demokratie verteidigt werde. So zeigten etwa Bedrohungen von Kommunalpolitikerinnen und -politikern sehr deutlich „Verrohungsmomente“. In den vergangenen Jahren seien „immer wieder Grenzen überschritten“ worden, bis hin zur körperlichen Bedrängnis. Damit müsse Schluss sein.

Varwick appellierte: „Wir müssen alle einen Gang herunterfahren und zur Sachlichkeit zurückkehren.“ Gerade im kontroversen Diskurs brauche es Respekt.

Die Autorin und Regisseurin Grit Lemke sagte: Hass und Gewalt hätten längst System. Vieles, was gesellschaftlich engagierte Menschen gerade auf dem Land erlebten, würde gar nicht bekannt. Auch habe sich im ländlichen Raum Vielfalt viel weniger entwickeln können als etwa in großen Städten. Der letzte Außenminister der DDR, Markus Meckel, betonte: „Die soziale Frage ist der Boden dafür, Demokratie und Selbstbestimmung wachsen zu lassen.“

Die Diakonie betonte vor den anstehenden Landtagswahlen „die große Bedeutung der anstehenden sozialpolitischen Weichenstellungen“. Dies sei ein Grund, warum die Landesverbände mit „Sozial-O-Maten“ über die Parteiprogramme informieren. Damit wollten sie einen Beitrag zur politischen Bildung leisten.