Artikel teilen

Bundesregierung will Weg für gemeinnützigen Journalismus freimachen

„Förderung von Religion“, „Förderung von Kunst und Kultur“, „Förderung des Denkmalschutzes“ – das alles sind anerkannte gemeinnützige Zwecke in Deutschland. Auch die Förderung des Schachs oder der Tierzucht sind auf der Abgabenordnung gelistet. Was dort bisher nicht steht: „Förderung des Journalismus“.

Eine Förderung von gemeinnützigem Journalismus, wie ihn das Recherchenetzwerk Correctiv oder der Geld-Ratgeber „Finanztip“ betreiben, ist bisher nur über Umwege möglich. Das soll sich jetzt ändern: Die Bundesregierung will die Anerkennung für gemeinnützigen Journalismus erstmals einheitlich regeln.

Wie das Bundesfinanzministerium dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteile, wird derzeit eine Ergänzung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung geprüft. Damit sollen Finanzämter künftig gemeinwohlorientierte journalistische Angebote einheitlich bewerten, um ihnen die für gemeinnützigen Organisationen geltende steuerrechtlichen Erleichterungen zuzugestehen.

Der Entwurf liegt dem Evangelischer Pressedienst (epd) vor. Dort heißt es: „Nicht gewinnorientierte Journalismus-Organisationen verfolgen in der Regel die Förderung der Bildung (Paragraf 52, Absatz 2, Nummer 7 AO), indem sie insbesondere durch Wissensvermittlung, Aufklärung sowie Nachrichtenaufbereitung oder -beschaffung der Allgemeinheit Informationen zur Verfügung stellen.“ Dazu gehöre auch die parteipolitisch neutrale Mitwirkung an der Meinungsbildung.

Ein förmlicher Kabinettsbeschluss ist für diese Ergänzung nicht nötig, weil es sich um eine kleinere Maßnahme im Steuerbereich handelt. Die geplante Ergänzung muss neben den zuständigen Ressorts auch mit den Bundesländern abgestimmt werden, die für den Steuervollzug zuständig sind.

Das Forum Gemeinnütziger Journalismus wertet die Pläne der Bundesregierung als Erfolg. „Wenn der Erlass so kommt, wäre das die weltweit fortschrittlichste Regelung zum gemeinnützigen Journalismus“, sagte der Vorsitzende des Forums und Publisher des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv, David Schraven, dem epd.

Mit der geplanten Ergänzung im Anwendungserlass gebe es zum ersten Mal eine Definition für gemeinnützigen Journalismus, sagte Schraven. Bisher sei für gemeinnützige Medien nicht klar, welchem Zweck der Abgabenordnung sie sich zuordnen sollten. „Gehört Journalismus zu Bildung oder doch zur Förderung des demokratischen Staatswesens? Da können Medien nach Auslegung der Finanzbeamten danebenliegen und ihre Gemeinnützigkeit verlieren“, sagte Schraven. Im April wurde dem Anti-Desinformations-Blog „Volksverpetzer“ die Gemeinnützigkeit entzogen.

Presseverleger hatten Pläne zur Einführung eines gemeinnützigen Journalismus in der Vergangenheit kritisiert. Schraven sieht gemeinnützige Angebote nicht als Konkurrenz zu etablierten Medienhäusern. Für ihn ist gemeinnütziger Journalismus die „dritte Säule“ im Journalismus, zwischen öffentlich-rechtlichem und Marktjournalismus. „Der Markt kann nicht mehr dafür sorgen, dass überall eine journalistische Grundversorgung angeboten wird“, sagte Schraven. Vor allem bei lokalen Angeboten und Nischenthemen könne gemeinnütziger Journalismus eine Lücke füllen, damit die Demokratie weiter funktioniere.

Der Zeitungsverlegerverband BDZV sieht das anders. Mit der Gemeinnützigkeit werde ein „Zwei-Klassen-Journalismus“, ertabliert, sagte die Sprecherin des Verbands, Anja Pasquay dem epd: „Hier der gewinnorientierte Journalismus, dort jener, der mit staatlichem Siegel gemeinnützig agiert. Schon das ist eine Diskriminierung.“ Zudem hätte der gemeinnützige Journalismus immer einen Steuervorteil. Damit würde in den Markt des bestehenden Journalismus eingegriffen, kritisierte Pasquay. Anders als privatwirtschaftliche Medienhäuser finanzieren sich gemeinnützige Medien aus Spendengeldern und müssen diese nicht versteuern. Gleichzeitig dürfen sie keine Gewinne erzielen.

Die Ampelfraktionen hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus zu schaffen. Der Erlass sei ein Anfang, sagte David Schraven, doch langfristig brauche gemeinnütziger Journalismus eine gesetzliche Rechtssicherheit, da ein Erlass, wie ihn die Bundesregierung plane, jederzeit wieder zurückgenommen werden könne.